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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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zungsprärogativen sicherlich nicht freiwillig aus der Hand geben, ohne politisch<br />

und gerichtlich dazu gezwungen zu werden.<br />

Andere Behörden haben in den letzten Monaten ähnliche Historikerkommissionen<br />

wie das AA angekündigt. 65 Während dies Schritte in die richtige<br />

Richtung sind, stellen sie doch zugleich Versuche dar, die Deutungsmacht<br />

nicht gänzlich aus der Hand zu geben. Denn diese als »unabhängig« bezeichneten<br />

Kommissionen werden von den Behörden berufen und ihr vertraglich<br />

festgelegtes Mandat ist beschränkt. 66<br />

Es bleibt zu hoffen, dass die von der AA-Historikerkommission belebte<br />

Diskussion um Aktenzugang im AA und bei allen Bundesbehörden auch<br />

nach dem Abklingen der Debatte um Das Amt weitergeführt wird. Langfristiges<br />

Ziel sollte dabei ein Paradigmenwechsel sein – weg vom Paradigma<br />

der ermessensausübenden und den Einzelfall prüfenden Behörde, hin zu einem<br />

Recht auf Transparenz und Behördenkontrolle, das der Forschung sowie<br />

der Öffentlichkeit zusteht. Dieser Paradigmenwechsel sollte sich auch in<br />

einer Reform von BArchG und IFG niederschlagen.<br />

Um diese politische Debatte zu flankieren und mittelfristig einen Wandel<br />

in der Grundhaltung des PA AA und anderer Archive einzuleiten, müssen jedoch<br />

Präzedenzentscheidungen auf der juristischen Ebene bis hoch zum<br />

Bundesverwaltungsgericht erklagt werden. Da Kosten und Aufwand solcher<br />

Klageverfahren das Forschungsbudget einzelner Promotionsprojekte bei<br />

weitem übersteigen, sind hier wissenschaftliche und politische Institutionen<br />

gefragt, eigene Klagen zu führen oder Klagen einzelner Forscher_innen gezielt<br />

zu unterstützen. Nur so kann auch der eklatanten Ungleichheit der juristischen<br />

und ökonomischen Mittel entgegengetreten werden, denn Behörden<br />

treten bei solchen Rechtsstreitigkeiten mit großen – steuerfinanzierten –<br />

Rechtsabteilungen an.<br />

Erst ein breiterer, rechtsverbindlicher Zugang zu den Akten kann dazu<br />

führen, dass das Schrifttum der Bundesrepublik nicht mehr als Sprengstoffdepot,<br />

sondern als Chance für eine offene Auseinandersetzung mit der Geschichte<br />

betrachtet wird. Auch und gerade weil eine Aktenfreigabe für<br />

Behörden oder einzelne ihrer Mitglieder nicht immer nur Schmeichelhaftes<br />

ans Tageslicht bringen wird, sollte breiterer Zugang rechtsverbindlich werden.<br />

Weniger Geheimhaltung ist im öffentlichen Interesse, wobei der Datenschutz<br />

dabei auch nicht zu kurz kommen muss. Und das »Wohl der Bundesrepublik<br />

Deutschland« wird dabei keinen Schaden nehmen. Ganz im<br />

Gegenteil.<br />

65 Unter anderem wurden Historikerkommissionen des Bundesfinanzministeriums, des BND und des Verfassungsschutzes<br />

auf den Weg gebracht.<br />

66 So beschränkt sich der Auftrag der im Februar <strong>2011</strong> berufenen Historikerkommission des BND auf die Aufarbeitung<br />

der Jahre bis 1968.<br />

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