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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Legitimierung<br />

Siegfried Jäger macht unter Bezugnahme auf Foucault deutlich, dass Redeweisen,<br />

die stark von solchen »Konfliktsymbolen« geprägt sind, »oft auf<br />

Aussagen [verweisen], die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten<br />

Gesellschaft nicht sagbar sind, da es besonderer »Tricks« bedarf, wenn<br />

man sie doch äußern will« 58 . Pejorative Tiermetaphern sind folglich nicht als<br />

ästhetische Trope zu bewerten, sondern eine Kombination von »Auslösesignal<br />

und ästhetischem Gebilde«, von dem ausgehend »ein gewaltästhetisches<br />

Klima« entsteht, »in welchem der aufgerufene Affekt und die aufgerufene<br />

gewaltsame Tat in fiktionale Deutungsschemata eingebettet werden<br />

können und dann die moralische Auslotung von Denken und Handeln entlasten«<br />

59 . Metaphern besitzen zwar eine giftige Potenz, sie entfalten diese<br />

Wirkung jedoch nur in doktrinär-pseudowissenschaftlichen Diskursen,<br />

wenn die Voraussetzungen von Gewöhnung und Identifikation gewährleistet<br />

sind.<br />

Für die Wirkung der Metapher ist also der Zusammenhang zwischen der<br />

sprachlichen Konstitution in Texten, der gesellschaftlichen Institutionalisierung<br />

von Wissen und der mitgenerierten sozialen »Wirklichkeit« ebenso relevant<br />

wie soziale, rechtliche, juristische und politische Dispositive. Dieses<br />

politische und soziokulturelle Setting ist nicht nur die Grundlage einer Ausbildung<br />

und Interpretation von pejorativen Tiermetaphern, sondern auch<br />

ein entscheidender Faktor für ihre Wirkmächtigkeit.<br />

Metaphorik und Vernichtung<br />

Das äußerst komplexe Verhältnis von Sprache und Handlung wird im Besonderen<br />

in den Auseinandersetzungen über die Bedeutung der sprachlichen<br />

Dehumanisierung auf dem Weg zur Vernichtung der europäischen<br />

Juden und Jüdinnen diskutiert. Hier stehen sich zwei unterschiedliche Positionen<br />

gegenüber. Alexander Bein hat bereits Mitte der 1960er Jahre versucht zu<br />

zeigen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der sprachlichen Dehumanisierung<br />

und einer Vernichtung als Tiere gab. Im Nationalsozialismus<br />

hätte die Identifizierung von Juden und Jüdinnen als Parasiten im Kontext<br />

einer immer dichteren und düsteren Metaphorik die sprachliche Dehumanisierung<br />

verstärkt. 60 Innerhalb der Bildfelder der pejorativen Tiermetaphern<br />

seien die Handlungsappelle formuliert worden, denen nicht-sprachliche<br />

58 Jäger 2007 (s. Anm. 6), S. 34 f.<br />

59 Paul 1992 (s. Anm. 8), S. 31.<br />

60 Auf bildlicher Ebene vergleicht Boria Sax den Zusammenhang von Praktiken der Vernichtung mit Vorstellungen<br />

von Massentierhaltung bzw. Schlachtungen. Auch für ihn stellt sich ein direkter Zusammenhang<br />

zwischen Bezeichnung als Vieh und dem Umgang mit den zu vernichtenden Personen dar. Vgl. Sax 2000<br />

(s. Anm. 19), S. 150 f.<br />

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