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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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auch in den kapitalistischen Verhältnissen angelegt, dass diese Allgemeinheit<br />

im Widerspruch stünde zu der Individualität der Privateigentümer.<br />

»Ferner ist mit der Theilung der Arbeit zugleich der Widerspruch zwischen<br />

dem Interesse des einzelnen Individuums [...] & dem gemeinschaftlichen Interesse<br />

aller Individuen die miteinander verkehren, gegeben«. 18<br />

Der Gegensatz tauschender Privateigentümer<br />

Wie bestimmt Marx dieses Abhängigkeitsverhältnis, aus dem sich nach ihm<br />

die Bewusstseinsform Moral ableitet? Zunächst muss geklärt werden, warum<br />

Marx das Verhältnis der Privateigentümer zueinander als antagonistisch beschreibt<br />

und wie er diesen Gegensatz genau charakterisiert. Dafür ist ein<br />

Blick in die späteren ökonomischen Studien von Marx erhellend, in denen<br />

dieser Gegensatz viel entwickelter vorliegt als in seinen frühen Schriften.<br />

Der von Marx konstatierte Klassengegensatz zwischen Proletarier und<br />

Kapitalisten bedingt einen Gegensatz aller Gesellschaftsmitglieder. Denn alle<br />

Mitglieder der kapitalistischen Produktionsweise seien über die Warenform<br />

als ihre »Elementarform« 19 aufeinander bezogen. Alle ökonomischen Beziehungen<br />

werden demnach in Form des Warentausches abgewickelt, »die Personen<br />

existiren hier nur für einander als Repräsentanten von Waare und daher<br />

als Waarenbesitzer« 20 .<br />

Dass die Warenform als die grundlegende Beziehung aller ökonomischer<br />

Subjekte im Kapitalismus anzusehen ist, macht Marx auch im Urtext seiner<br />

ersten ökonomischen Publikation Zur Kritik der politischen Ökonomie deutlich:<br />

»Wenn wir überhaupt die sociale Beziehung der Individuen innerhalb ihres<br />

ökonomischen Processes prüfen, müssen wir uns einfach an die Formbestimmungen<br />

dieses Processes selbst halten.« 21 Diese Formbestimmungen sind<br />

aber nach Marx nichts anderes als die Warenzirkulation als die »abstrakte<br />

Sphäre des bürgerlichen Gesamtproduktionsprozesses« 22 .<br />

18 Ebd., S. 19 f. Dass die Moral mit dem Klassengegensatz verschwinde, heißt demnach, dass sie mit dem<br />

grundlegenden Gegensatz aller Gesellschaftsmitglieder als Eigentümer und nicht als Lohnarbeiter und Kapitalisten<br />

verknüpft ist. Mit der Klassengesellschaft ginge aber auch dieser Gegensatz zugrunde und damit<br />

auch die Moral.<br />

19 Karl Marx: Das Kapital, Bd. 1. In: MEGA 2, Bd. II/10, Berlin 1991, S. 37.<br />

20 Ebd., S. 83.<br />

21 Karl Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Urtext. In: MEGA 2, Bd. II/2, Berlin(Ost) 1980, S. 59.<br />

22 Ebd., S. 68. – Gegen die später sich durchsetzende historisierende Interpretation von Engels hält Marx hier<br />

am Übergang von Geld zum Kapital fest: »Wir haben es hier jedoch nicht mit [sic] historischem Uebergang<br />

der Circulation in das Capital zu tun.« – Ebd., S. 68 f.; vgl. auch Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen<br />

Ökonomie, Erster Teil. In: MEGA 2, Bd. II/1.1, Berlin(Ost) 1976, S. 171 f. (fortan: Grundrisse). – Rakowitz’<br />

Monographie beschäftigt sich u. a. mit dieser falschen theoretischen Abtrennung der einfachen Warenzirkulation<br />

von der kapitalistischen Produktionsweise und der Konstruktion einer angeblich vorkapitalistischen<br />

»einfachen Warenproduktion«. – Vgl. Nadja Rakowitz: Einfache Warenproduktion: Ideal und Ideologie,<br />

Freiburg 2000.<br />

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