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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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in diesem Work-Life-Balance-Geschlechtermodell eröffnen sich völlig neue<br />

Perspektiven für Frauen: Im Gegensatz zum fordistischen Geschlechterverhältnis,<br />

in dem Frauen aus der Produktionssphäre abgezogen wurden, um<br />

sie in der Reproduktionssphäre einzusetzen, sind hier Frauen angesprochen,<br />

in die Produktionssphäre zu gehen und die Reproduktionssphäre durch<br />

haushaltsnahe Dienstleistungen zu organisieren. 21 Galt es im fordistischen<br />

Geschlechterbild, die weibliche Reproduktionsfähigkeit im Familienzusammenhang<br />

als Garant für gesunde, funktionale und stabile Familienstrukturen<br />

einzusetzen, wird in diesem neuen Geschlechterbild die Frau als postmoderne<br />

Hybridmutter stilisiert: ökonomisch-erfolgreich und effektiv-fürsorglich.<br />

Dieses Bild ist aber nicht nur für Frauen aus dem Mittelstand oder der oberen<br />

Klasse bestimmt, sondern es wird breit vermittelt, da eine Erwerbsbeteiligung<br />

von Frauen auch als Chance für den haushaltsnahen Dienstleistungsmarkt<br />

begriffen werden soll. 22 Hierbei wird insgesamt ein neues Frauenbild<br />

ausgerufen, das die Funktion der Frau als ganztags Hausfrau und Mutter in<br />

ein Bild von der Frau als erfolgreicher Arbeitskraftmanagerin 23 sowie Hausfrau<br />

und Mutter light transferiert.<br />

Die dargelegten Textstellen zu geschlechtsspezifischen Verbindungen der<br />

Work-Life-Balance-Maßnahmen spiegeln ausschließlich heteronormative Geschlechterverhältnisse<br />

wider, in der Elternschaft, Familie und vergeschlechtlichte<br />

Rollenbilder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dargestellt sind.<br />

In erster Linie wird in dieser Argumentation Geschlechtergerechtigkeit als<br />

Argument für eine ökonomische Wachstumsideologie eingesetzt. Mittels der<br />

Ausweitung der Kinderbetreuungsangebote soll das gesamte Arbeitskräftepotential<br />

erweitert und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Damit<br />

werden besonders gut qualifizierte Mütter angesprochen, ihre Kinder im<br />

öffentlichen, halböffentlichen, privaten oder betrieblichen Familienservice<br />

betreuen zu lassen, um dieses Potential der gut ausgebildeten Mütter effizienter<br />

zu nutzen. Die feministische Kritik an mangelnden Möglichkeiten<br />

der Kinderbetreuung zwecks Partizipation von Frauen am Erwerbsleben<br />

wird somit verbunden mit einer wirtschaftlichen Wachstumsideologie, welche<br />

einhergeht mit der Ausweitung von Familienserviceangeboten. Die Diskursposition<br />

der Initiative beinhaltet zugleich einen feministischen und<br />

einen wirtschaftsliberalen Diskurs, der darum kreist, Elternschaft zu erleichtern<br />

und zu fördern und diese in Balance mit wirtschaftspolitischen Strategien<br />

zu bringen. Die diskursive Verstrickung dieser Diskursposition besteht<br />

hierbei in einer Befriedung feministischer und akkumulationslogischer Diskurse,<br />

die letztlich darauf hinausläuft, den beteiligten Unternehmen Maß-<br />

21 Vgl. ebd., S. 30.<br />

22 Vgl. ebd., S. 18 und S. 29 ff.<br />

23 Vgl. Gabriele Winker; Tanja Carstensen: Eigenverantwortung in Beruf und Familie – vom Arbeitskraftunternehmer<br />

zur ArbeitskraftmanagerIn. In: Feministische Studien, Nr. 2, 2007, S. 277-288.<br />

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