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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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die in der internationalen Arbeitsteilung zugewiesene Rolle (der Kapitalismus<br />

sei eher von außen vorangetrieben als aus inneren Widersprüchen entstanden).<br />

Somit fungiere der Staat als bedeutender Impulsgeber für Entwicklung<br />

und die Produktion einer kollektiven Identität. Der Staat sei nicht nur<br />

ein Spiegel des Ökonomischen; tatsächlich sei die Beziehung zwischen Politik<br />

und Ökonomie von gegenseitiger Bedingung und reziproker Strukturierung<br />

geprägt, »wenn auch in letzter Instanz die Determinierung, in globalem<br />

Maßstab, vom Weltmarkt ausgegangen sei« 11 . Als ergänzende Kategorie<br />

führt Zavaleta den Begriff des momento constitutivo ein, ein Moment, das eine<br />

relativ langfristige, spezifische Form der Artikulation zwischen Staat und<br />

Gesellschaft in Gang setze und einen gemeinsamen Sinnhorizont begründe.<br />

Zusätzlich betont Zavaleta explizit die ethnischen Spaltungslinien, die in Lateinamerika<br />

unübersehbar seien und dazu führten, dass eine teilweise illusorische<br />

Herrschaft – ohne Hegemonie – über kulturell völlig diverse Bevölkerungen<br />

ausgeübt werde.<br />

Seit einigen Jahren wird in Lateinamerika an diese Debatte angeknüpft.<br />

Mabel Thwaites Rey stellt, veränderte Abhängigkeitsmuster mit einbeziehend,<br />

die Frage, wie man sich dem Problem des »peripheren« Staates angesichts<br />

neoliberaler Globalisierungsprozesse theoretisch-methodisch nähern<br />

könne. Man müsse das gesellschaftliche Herrschaftsverhältnis analysieren,<br />

das sich in den staatlichen Strukturen ausdrückt und »unter heutigen historischen<br />

Umständen nichts anderes ist als ein kapitalistisches« 12 . Thwaites betont,<br />

dass etwa Jessop Veränderungen feststellt (relativer Verlust der Eigenständigkeit<br />

bei der Regulation von Akkumulation im nationalen Raum,<br />

weniger Spielraum für staatliche Interventionen), die für postkoloniale Staaten<br />

kaum eine qualitative Neuerung darstellen. Es können globale Tendenzen<br />

analysiert werden; dies nehme einen aber nicht davon aus, zu untersuchen,<br />

wie diese sich in einer Gesellschaft materialisieren, ihre historische<br />

Form annehmen.<br />

Die »neoliberale Globalisierung« bezeichnet Thwaites als »brutale Disziplinierungsstrategie«<br />

13 , die aktiv (auch von Regierungen postkolonialer Staaten)<br />

vorangetrieben wurde. Die Unterordnung der jeweiligen heimischen<br />

Wirtschaft unter die Anforderungen der Weltwirtschaft wurde erreicht: »Es<br />

ist offensichtlich geworden, wie Globalisierungsmechanismen die Peripherie<br />

mittels neuer Ausbeutungsformen einbinden, nun als ›Bedingungen‹, die erfüllt<br />

werden müssen, damit Kredite bewilligt und Schulden refinanziert wer-<br />

11 Hernán Ouvina: Traducción y Nacionalización del marxismo en América Latina. Un acercamiento al pensamiento<br />

político de René Zavaleta. In: OSAL (Buenos Aires: CLACSO), XI, Nr. 28, 2010, S. 193-207; René<br />

Zavaleta: El Estado en América Latina, La Paz 1990.<br />

12 Mabel Thwaites Rey: Después de la globalización neoliberal: Qué Estado en América Latina? In: OSAL<br />

(Buenos Aires: CLACSO), XI, Nr. 27, 2010, S. 38; Mabel Thwaites Rey: El Estado en debate: de transiciones y<br />

contradicciones. In: Crítica y Emancipación II, Nr. 4, Revistas OSAL, 2010, S. 9-24.<br />

13 Thwaites Rey: Después de la globalización neoliberal: Qué Estado en América Latina?, S. 32.<br />

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