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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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auch in einer Vielzahl von »kleinen«, organisatorisch separaten Praxen wie<br />

auch in »großen«, organisatorisch verbundenen Praxen vollziehen kann und<br />

ihre Wirkmächtigkeit nicht so sehr von deren (medialer) Sichtbarkeit abhängt.<br />

Beide Aktionsformen sind eine von vielen Seiten derselben Medaille.<br />

Zum anderen, dass eine scheinbare Partikularität bei genauerem Hinsehen<br />

zahlreiche emanzipative Elemente verbinden und auf diese Weise<br />

linke Hegemonien vorantreiben kann – manchmal sogar besser als bei geballten<br />

Großveranstaltungen. Eine kunterbunte Großdemonstration, auf der<br />

zwar viele verschiedene Kämpfe temporär gemeinsam artikuliert werden,<br />

kann manchmal weniger zur Etablierung einer alternativen Hegemonie beitragen<br />

als viele »kleine« emanzipative Alltagspraxen, weil diese verschiedenen<br />

Kämpfe im Alltag unverbunden und isoliert bleiben. Bei der Analyse sozialer<br />

Bewegungen müssen diese Aspekte miteinbezogen werden, um nicht<br />

zu voreiligen Schlüssen zu kommen.<br />

Auf die Hegemoniefähigkeit der Krisenproteste der vergangenen zwei<br />

Jahre bezogen könnte man schlussfolgern: Sie haben es zwar geschafft, Menschen<br />

für eine gemeinsame Sache zu mobilisieren, diese Mobilisierung war<br />

jedoch nicht nachhaltig, da sie ihre Stoßrichtung und Handlungsebene vor<br />

allem auf die politische Gesellschaft konzentriert haben: Sie haben versucht,<br />

auf der Ebene des Staates und seiner Institutionen, also der Ebene des Zwangs<br />

und nicht der Ebene der Hegemonie, etwas zu verändern. Hegemonie wird<br />

aber vor allem auf der Ebene der Zivilgesellschaft und des Alltagverstandes<br />

ausgeübt. Und das bedeutet für die Hegemoniefähigkeit nicht nur eine notwendige<br />

Verschränkung der Proteste mit Alltagspraxen, sondern vor allem<br />

eine Veränderung der kulturellen Grammatik, beispielsweise in Form von<br />

Begriffsarbeit und einer Veränderung der mit den Begriffen verbundenen<br />

Weltsicht.<br />

Denn für die Etablierung einer anderen Hegemonie müssen immer beide<br />

Sphären miteinbezogen werden – ganz im Sinne einer revolutionären Realpolitik.<br />

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