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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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fung mit, »dass die vorgelegte Liste bedauerlicherweise nicht geeignet ist,<br />

die gewollte sinnvolle Eingrenzung tatsächlich zu erreichen«. Sie sei zu umfangreich<br />

und zu unbestimmt und solle daher »reduziert und konkretisiert«<br />

werden. 62 Von dieser Antwort enttäuscht und in der Hoffnung, dass die Diskussionen<br />

und Entwicklungen nach dem inzwischen veröffentlichten Bericht<br />

der Historikerkommission dem Gerichtsverfahren eine neue Dynamik<br />

verleihen werden, schlug ich dem AA eine generelle Herabsetzung der<br />

Schutzfrist für Unterlagen bis zum Jahr 1998 vor. 63 Andernfalls würde ich<br />

eine Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens beantragen. 64<br />

Fazit: Transparenz statt Einzelfallprüfung<br />

Der Umgang mit Akten war bei bundesdeutschen Behörden der Nachkriegszeit<br />

bisher restriktiv, es sei denn, eine Transparenz wurde zwangsverordnet,<br />

war politisch gewollt oder sollte der eigenen Rolle vorteilhaft sein. Eine Entscheidung<br />

über Ausnahmen lag dabei immer im Ermessen der Behörde. Die<br />

Ausübung eines Ermessensspielraums wird durch die Gesetzgebung ermöglicht<br />

und ist lediglich durch langwierige (und kostspielige) Klageverfahren<br />

überprüfbar. Das Beispiel meines ›Kampfes um die Akten‹ zeigt dies: Zwei<br />

Jahre nach Antragstellung gab es beim Gericht erst in einem der beiden Fälle<br />

einen Erörterungstermin, bis zu einem Urteil dürften weitere Monate ins<br />

Land ziehen, und schließlich könnte durch Berufung und Revision das Verfahren<br />

um weitere Jahre verlängert werden. Diese Akteneinsichtsgesuche<br />

über den Verwaltungs- und Klageweg sind folglich aus einer individuellen<br />

Kosten-Nutzen-Abwägung heraus nicht sinnvoll und wurden daher in den<br />

letzten Jahrzehnten von Wissenschaftler_innen nur wenig praktiziert.<br />

Die von der Historikerkommission geäußerte Kritik hat das AA und seine<br />

Sonderrolle in der Archivpolitik in Frage gestellt und im AA bereits Wirkung<br />

gezeigt: Im Januar <strong>2011</strong> wurden dem Forscher Dr. Dieter Maier, der wie ich<br />

beim Berliner Verwaltungsgericht auf Akteneinsicht geklagt hatte, Akten mit<br />

einer Laufzeit bis 1998 vorgelegt. Dem Geschichtsstudenten Peter Hammerschmidt<br />

wurden Bestände zum Fall Barbie (Laufzeit bis 1988) freigegeben.<br />

Die Journalistin Gaby Weber erhielt Einblick in VS-Bestandsverzeichnisse<br />

zum Fall Eichmann. Ob dieses Entgegenkommen in Einzelfällen sich mittelfristig<br />

zu einer allgemein freizügigeren Aktenzugangspolitik ausweitet,<br />

bleibt abzuwarten. Das AA wird seine Ermessensspielräume und Einschät-<br />

62 Schreiben der Rechtsabteilung des AA vom 06.10.2010.<br />

63 Das Jahr 1998 wurde gewählt, da dies der Akteneinsicht des Klägers Dieter Maier entspricht, die ihm im Januar<br />

<strong>2011</strong> gewährt wurde.<br />

64 Schreiben an das AA vom 22.02.<strong>2011</strong>.<br />

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