02.12.2012 Aufrufe

Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die AutorInnen begreifen die erfahrenen Textinterventionen nicht als degradierenden<br />

oder als einen ihre Literatur beeinträchtigenden Vorgang. Verlagsinterne<br />

Konfrontationen finden in Auseinandersetzung mit Personen<br />

statt, die ihnen positiv vertraut sind. Textinterne Beschränkungen ermöglichen<br />

noch immer die Veröffentlichung von Literatur nach selbst gesetzten<br />

Maßstäben, ein Prozess des Aushandelns, den Kozˇik so beschreibt: »Wer ein<br />

hohes Maß an zivilem Ungehorsam hatte und das auch begründete, der fand<br />

auch in höheren Ebenen [...] Verbündete. Das ist ja immer so, dass [...] also<br />

viele Zeitungen oder Medien oder auch Menschen, die wollen das Bild erzeugen,<br />

wir waren alle nur unter dem Dogma. Das stimmte nicht.« 12<br />

In diesem Kontext verweisen auch Klaus Höpcke und die ehemalige Cheflektorin<br />

des Kinderbuchverlags Berlin, Katrin Pieper, im Jahr 2010 rückblickend<br />

auf die Existenz literarischer Freiräume, die sie unter anderem mit<br />

dem – im Vergleich zur Erwachsenenliteratur – zwangsläufig geringeren Potential<br />

der konfliktären Schlagkraft von KJL im Allgemeinen sowie dem für<br />

das Ressort KJL in der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium<br />

für Kultur zuständigen Richard Müller im Besonderen begründen. In<br />

einem Interview beschreibt Pieper Müller als Mitarbeiter, der »kommunikativ<br />

genug war, seine Position darzulegen, zu revidieren, zu verteidigen« 13 .<br />

Auch Klaus Höpcke bezeichnet ihn als engagiert und zugänglich: »Richard<br />

war richtig mit der Kinderliteratur verheiratet, nicht? Und hat sich wirklich<br />

gekümmert um die Autoren. [...] Wie er ihre Interessen wahrgenommen hat,<br />

ihre Sorgen auch erkannt hat, Bescheid wusste. Ja. Richard, das war ein guter<br />

Mann.« 14<br />

Auch Kozˇik hebt die Bedeutung Müllers heraus: »Es ist nicht immer so,<br />

dass da solche fiesen Typen saßen [...].« 15 Kontroversen zwischen Kinderbuchverlag<br />

Berlin und Ministerium für Kultur stellen sowohl Höpcke als<br />

auch Pieper nicht in Abrede, doch weisen sie diesen keinen maßgeblichen<br />

Charakter des gesamten, recht engen, Verhältnisses zu. Pieper bezeichnet bestehende<br />

Konfliktsituationen als »Ärgerlichkeiten« und fasst die Bindung als<br />

»problemlos, zuweilen auch hilfreich, in keinster Weise literaturverhindernd«<br />

16 zusammen.<br />

Literarische Lenkungsprozesse können im Rahmen eines erweiterten Zensurbegriffs<br />

unter anderem auch durch Auftragsarbeiten definiert werden. Literarische<br />

Aufträge gelten als gängiges Verfahren der literarischen Produktion<br />

innerhalb des Kinderbuchverlags Berlin, mit denen auch die sechs<br />

AutorInnen konfrontiert werden. Dabei nehmen sie zum einen die Themen-<br />

12 Christa Kozˇik; Maria Becker: Autorinneninterview (unveröffentlichtes Manuskript), Potsdam 20.09.2007.<br />

13 Katrin Pieper; Maria Becker: Der Kinderbuchverlag. Interview (unveröffentlichtes Manuskript), Berlin<br />

03.02.2010.<br />

14 Höpcke; Becker 2010 (s. Anm. 11).<br />

15 Kozˇik; Becker 2007 (s. Anm. 12).<br />

16 Pieper; Becker 2010 (s. Anm. 13).<br />

372

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!