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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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ders schwer betroffen. Im »Generalgouvernement« war die geplante Einbindung<br />

des Heinkel-Werkes Mielec in die Fertigung des deutschen Standardbombers<br />

He 177 und dessen Zulieferproduktion bei der dünnen Personaldecke<br />

kaum möglich. 16 Im Rahmen einer Besprechung am 17. Februar 1942<br />

im RLM wurde in Anwesenheit Ernst Heinkels der folgende Lösungsweg für<br />

den Arbeitskräftemangel des Konzerns beschritten: Von der Firma Heinkel<br />

wurde vorgeschlagen, für die Standorte im »Generalgouvernement« »jüdische<br />

Facharbeiter aus den Gettos zu beschäftigen« 17 .<br />

Als die SS am 9. März 1942 begann, nahezu die gesamte jüdische Bevölkerung<br />

von Mielec in den Vernichtungslagern der »Aktion Reinhard« zu<br />

ermorden, griff der Heinkel-Konzern auch zu. Jüdinnen und Juden der Gemeinde<br />

wurden in einen Hangar des Flugzeugwerkes verschleppt. Der Leiter<br />

des dortigen Werkschutzes wählte 80 bis 90 Personen aus dieser Gruppe<br />

aus. Sie wurden auf dem Werksgelände in Baracken untergebracht und dann<br />

zur Arbeit in der Fabrik gezwungen. 18 Ein ZAL entstand auf Initiative der<br />

Firma Heinkel. 19<br />

Noch im selben Monat sollte auch auf dem Gelände des HWO eine<br />

Gruppe von Gefangenen aus dem nahen KZ Sachsenhausen untergebracht<br />

werden, um dort zu arbeiten. Diese 400 KZ-Gefangenen wurden jedoch<br />

gleich wieder abgezogen. 20 Die Einrichtung eines KZ-Lagers am Produktionsstandort<br />

war erst einmal gescheitert. Der sich daraus ergebende Lieferverzug<br />

des HWO war nicht der einzige Dämpfer für das Unternehmen in<br />

der ersten Jahreshälfte 1942. Schwere Luftangriffe auf das Stammwerk in<br />

Rostock machten eine Verlagerung nötig. Am 1. Mai 1942 erhielt das Unternehmen<br />

vom RLM Anweisung, nach neuen Standorten zu suchen. 21 Während<br />

für die Entwicklungsabteilung Wien-Schwechat in Betracht gezogen<br />

wurde, sollten im »Generalgouvernement« die Kapazitäten für den Serienbau<br />

in Mielec ausgebaut und weitere Standorte geschaffen werden. 22 Der<br />

dortige bauliche Aufwand für die Verlagerung war verhältnismäßig gering.<br />

Die Beschaffung neuer Arbeitskräfte schien für Ernst Heinkel ebenfalls kein<br />

großes Problem zu sein: »Außer Polen können vor allem gute Arbeitskräfte<br />

16 Vgl. Karl Hayn: Protokoll vom 12.02.1942. DM/HeA, FA 001/0862; Heinz Meschkat: Aktennotiz betr. Besprechung<br />

beim Generalfeldmarschall Milch am 17.02.1942. DM/HeA, FA 001/0260.<br />

17 Ebd.<br />

18 Polnische Kriegsverbrecher Verbindungsgruppe Mannschaft Braunschweig: Übersetzung des Protokolls der<br />

Vernehmung des E. M vom 11.06.1947, BStU (Archiv der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />

der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik), MFS HA IX/11 ZUV 35 Akte 14,<br />

Blatt 324.<br />

19 Vgl. Mario Wenzel: Zwangsarbeitslager für Juden in den besetzten polnischen und sowjetischen Gebieten.<br />

In: Wolfgang Benz; Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager.<br />

Arbeitserziehungslager, Ghettos, Jungendschutzlager, Polizeihaftlager, Sonderlager, Zigeunerlager,<br />

Zwangsarbeitslager, München 2009, Bd. 9, S. 133.<br />

20 Vgl. Heinz Meschkat: Aktennotiz vom 17.03.1942. DM/HeA, FA 001/0257.<br />

21 Vgl. Ausweich-Werkanlagen. 01.05.1942. DM/HeA, FA 001/0328.<br />

22 Vgl. Ernst Heinkel: Brief vom 18.06.1942. Betrifft: Verlagerung, DM/HeA, FA 001/0260.<br />

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