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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Die hier benannten Größen erlauben in ihrer Heterogenität gerade solche<br />

Vermittlungen in den Blick zu nehmen, die bei zu starken Kategorisierungen<br />

im Vorfeld verstellt bleiben. Dazu gehört auch die Unterscheidung von Mikro-<br />

und Makroakteur_innen. Diese sind für Medienstudien insofern äußerst<br />

relevant, da Kategorien wie alternatives, marginales oder etabliertes Radio bereits<br />

naturalisierende Einordnungen vornehmen, anstatt Unterschiede der<br />

Ebene, Größe und Reichweite als Effekte von »battles of negotions« 55 zu beschreiben.<br />

Die auf diese Weise hergestellten Vermittlungen sind jedoch nicht<br />

ohne weiteres dokumentierbar, da Makroakteur_innen Strategien entwickeln,<br />

ihre Assoziationen in »black boxes« 56 genannten Intermediären (vgl.<br />

Fußnote 47) zu verbergen. Ein Beispiel für eine solche Black Box stellt die Ermittlung<br />

der Einschaltquote eines Radiosenders und alle daraus gezogenen<br />

Schlüsse bezüglich seiner Legitimität oder seines Marktwerts dar. 57 Eine<br />

medienethnographische Untersuchung ist deshalb beispielsweise daran interessiert,<br />

den nicht-objektiven Charakter von Messinstrumenten in ihre Betrachtungen<br />

einzubeziehen und auf diese Weise eine »Schwarze Kiste« zu<br />

»weißeln«. 58<br />

Handlungspotentiale und Übersetzungen<br />

Beim Versuch, die Entitäten eines Akteur_innen-Netzwerks von dichotomen<br />

Zuschreibungen wie aktiv/passiv, Subjekt/Objekt zu befreien, entstehen<br />

leicht Missverständnisse, wenn es darum geht, Handlungsinstanzen zu beschreiben.<br />

Das liegt vor allem daran, dass ANT weder kategorisch-zentrale<br />

Handlungsinstanzen definiert noch ein intentionales Paradigma einzuführen<br />

gedenkt. Um kompatibel mit den Konzepten von Vermittlung und<br />

Vermittlern zu sein, lässt sich Handeln eher als ein Handlungspotential<br />

(agency) konzeptualisieren, zu dem sich unterschiedliche Entitäten relational<br />

befähigen.<br />

Die Konzeptualisierung einer solchen agency rechtfertigt sich vor allem in<br />

einer kritischen Abgrenzung zum Interaktionsbegriff. 59 Zum einen stellen<br />

ANT-Studien in Zweifel, ob die synchrone Betrachtung zweier Individuen es<br />

erlaubt, die vollständige Handlungsdimension sichtbar zu machen. 60 Zum<br />

anderen erlaubt die bereits dargelegte Unterscheidung zwischen Intermediären<br />

und Mediatoren auch eine Kritik am Konzept der kommunizierten<br />

55 Callon; Latour 1987 (s. Anm. 40), S. 279.<br />

56 Zu einer ideengeschichtlichen Einordnung des Black-Box-Konzepts vgl. Kassung; Kümmel-Schur 2008<br />

(s. Anm. 19), S. 155 f.; vgl. auch Gavin Kendall; Gary Wickham: Using Foucault’s Methods. Introducing Qualitative<br />

Methods, Los Angeles, London, New Delhi, Singapore 2009, S. 73 f.<br />

57 Vgl. Cécile Méadel: Quantifier le public. Histoire des mesures d’audience de la radio et de la télévision, Paris<br />

2010.<br />

58 Kassung; Kümmel-Schur 2008 (s. Anm. 19), S. 155 f.<br />

59 Vgl. Hans-Georg Soeffner: Beiträge zu einer Soziologie der Interaktion, Frankfurt am Main 1994.<br />

60 Vgl. Latour 2008 (s. Anm. 49), S. 286.<br />

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