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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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die einer Herabsetzung der 30-Jahre-Frist entgegen stehen könnten, in diesem<br />

Fall nicht erfüllt werden. Die Beziehungen zu Chile seien 20 Jahre nach<br />

Ende der Pinochet-Diktatur nicht gefährdet. Der Fall werde seit über 40 Jahren<br />

in der Presse thematisiert. Für eine wissenschaftliche Bearbeitung der<br />

Fragestellung der Dissertation sei eine Einsicht in die Akten des AA unerlässlich.<br />

Das AA entgegnete in der Klageerwiderung am 20. Mai 2010, es sei unerheblich,<br />

ob tatsächlich eine Gefährdung der bilateralen Beziehungen<br />

vorliege, es genüge vielmehr eine Prognoseentscheidung des AA. Eine Anonymisierung<br />

der Daten Dritter durch Schwärzen stelle einen zu hohen Verwaltungsaufwand<br />

dar: »Eine vollständige Anonymisierung der Akten (131<br />

Archivbände im geschätzten Umfang von 26 000 Blatt) wäre aus verwaltungsökonomischer<br />

Sicht nicht zu bewerkstelligen.« 59 Persönliche Opferdaten<br />

seien in höchstem Maße schutzwürdig. 60 »Daher haben das Transparenzgebot<br />

und das Interesse des Klägers an der Forschung zurückzutreten.«<br />

Wie bereits im Widerspruchsverfahren gelangt das AA zu dem Schluss,<br />

»dass der Zugang aufgrund des Eingreifens der Tatbestände des § 5. Abs. 6<br />

Nr. 1, 2 und 5 BArchG ausgeschlossen ist«.<br />

Am 11. Juni 2010 rief der berichterstattende Richter beide Seiten zu einem<br />

nichtöffentlichen »Termin zur Erörterung und zum Versuch einer gütlichen<br />

Beilegung des Rechtsstreits« zusammen. Das AA bot jedoch keinerlei generelle<br />

Herabstufung der Schutzfrist an. Vereinbart wurde auf Vorschlag des<br />

Richters Folgendes: »Das AA ist bereit, auf konkrete Anfragen des Klägers zu<br />

bestimmten Ereignissen, die nach Möglichkeit nach Datum und Gegenstand<br />

präzisiert sind, das Archivmaterial durchzusehen und zu prüfen, ob dort Bestände<br />

sind, die insbesondere den politischen Meinungsbildungsprozess widerspiegeln.<br />

Diese Dokumente werden sodann geprüft, ob einer Herausgabe<br />

Gründe entgegenstehen. Falls das nicht der Fall ist, wird das Material dem<br />

Kläger in Kopie zugänglich gemacht.« 61<br />

Das Verfahren sollte während der Einigungsbemühungen ruhen. Ich<br />

übergab dem AA eine auf Basis meiner bisherigen Forschung erstellte Liste<br />

mit etwa 60 zeitlich eingegrenzten Ereignissen ab 1980 und bat um Einsicht<br />

in die betreffenden Aktenvorgänge. Das AA teilte nach zehnwöchiger Prü-<br />

59 Ein Problem des Streitens über von einer Behörde geheim gehaltenes Aktenmaterial ist die Feststellung des<br />

Streitgegenstandes an sich. Während das AA hier von 131 Aktenbänden spricht, habe ich (erst nach dieser<br />

Klageerwiderung) eine aus den Findbüchern erstellte Tabelle mit 177 Aktenbänden mit direktem Bezug zur<br />

CD im Titel eingereicht, die ich einsehen möchte. Ein noch undurchschaubarer Sachverhalt besteht in meinem<br />

IFG-Verfahren, da zu noch nicht archivierten Behördenakten keine Findmittel eingesehen werden können.<br />

Das AA macht hier über das Volumen des relevanten Aktenbestandes widersprüchliche Angaben.<br />

60 Das wirkliche Interesse des AA am Schutz der Opferdaten ist fragwürdig. Im Dezember 2010 hat sich die<br />

Not- und Interessengemeinschaft der Geschädigten der Colonia Dignidad in einem offenen Brief an Außenminister<br />

Westerwelle gewandt, die nicht stattfindende Aufarbeitung beklagt und eine Aktenfreigabe für<br />

mein Promotionsvorhaben gefordert. Ähnliche Forderungen an das AA stellt die Not- und Interessensgemeinschaft<br />

seit ihrer Gründung im Jahr 1988.<br />

61 Verwaltungsgericht Berlin, Abschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 11.06.2010.<br />

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