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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Das allgemeine Interesse antagonistischer Privateigentümer<br />

In den Grundrissen schreibt Marx nach der Darstellung des gegensätzlichen<br />

Tauschverhältnisses über die beiden am Tausch beteiligten ökonomischen<br />

Subjekte: »Jedes dient dem andren um sich selbst zu dienen; jedes bedient<br />

sich des andren wechselseitig als seines Mittels. Es ist nun beides in dem Bewußtsein<br />

der Individuen vorhanden: 1) daß jedes nur seinen Zweck erreicht,<br />

soweit es dem andren als Mittel dient; 2) daß jedes nur Mittel für das andere<br />

(Sein für andres) wird als Selbstzweck (Sein für sich); 3) […] daß diese Wechselseitigkeit<br />

ein nothwendiges fact ist, vorausgesezt als natürliche Bedingung<br />

des Austauschs, daß sie aber als solche jedem der beiden Subjekte des<br />

Austauschs gleichgültig ist, und ihm diese Wechselseitigkeit nur Interesse<br />

hat, so weit sie sein Interesse als das des andren ausschliessend, ohne Beziehung<br />

darauf befriedigt. D. h. das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv<br />

des Gesammtakts erscheint, ist zwar als fact von beiden Seiten anerkannt,<br />

aber als solches ist es nicht Motiv, sondern es geht so zu sagen nur hinter<br />

dem Rücken der in sich selbst reflectirten Sonder-interessen, dem Einzelinteresse<br />

im Gegensatze zu dem des andren vor.« 26<br />

Diese Stelle zeigt, wie sich nach Marx der Gegensatz der Warenhüter im<br />

Austausch im Bewusstsein der Austauschenden darstellt. Einerseits wissen<br />

beide Tauschpartner darum, dass sie sich gegenseitig als Mittel des anderen<br />

bewähren müssen, um ihre Zwecke zu erreichen. Sie sind darauf angewiesen,<br />

nützlich für die Erfüllung des Bedürfnisses des anderen zu sein. Zugleich<br />

machen sie sich aus eigennützigen Motiven heraus zum Mittel des<br />

anderen. Vor allem aber haben sie ein Bewusstsein davon, dass der wechselseitige<br />

Nutzen, den sie sich gegenseitig verschaffen, zwar notwendig für das<br />

Zustandekommen der Beziehung ist, beide Kontrahenten jedoch zugleich indifferent<br />

zu ihm stehen. Ihre Intention ist die Aneignung der Ware des anderen.<br />

Dafür jedoch die eigene Ware herzugeben, die immerhin gesellschaftliche<br />

Zugriffsmacht in Form ihres Wertes repräsentiert, ist ihnen nicht recht.<br />

Somit gibt es einerseits das Bewusstsein, dass die Instrumentalisierung des<br />

eigenen Interesses für das entgegengesetzte als Bedingung des Tausches notwendig<br />

ist. Andererseits gibt es jedoch auch das Bewusstsein von der Gegensätzlichkeit<br />

des anderen Interesses zum eigenen in der Austauschbeziehung:<br />

Was der andere an Wert erhält, gibt man selbst als Wert fort.<br />

Das gemeinsame Interesse steht somit im Gegensatz zum materiellen Interesse<br />

der antagonistischen Kontrahenten, den anderen zum Mittel zu machen,<br />

ohne zum Mittel zu werden. Zugleich ist das gemeinsame Interesse am<br />

Tausch jedoch notwendig. Es stellt sich daher die Frage, wie es dennoch im<br />

Bewusstsein der Beteiligten vorkommen kann. In theoretischer Hinsicht ist<br />

26 Marx: Grundrisse (s. Anm. 22), S. 167 f.<br />

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