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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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erlebt sie den härtesten Drill und erkennt mit dem Selbstmord einer Freundin<br />

die Lüge des Nationalsozialismus.<br />

Reportagen aus Nazi-Deutschland<br />

Die Reportagen aus Nazi-Deutschland, die von 1936 bis 1939 in der Moskauer<br />

Exilzeitschrift Das Wort, in der Pariser Tageszeitung, der Prager Zeitschrift<br />

Die neue Weltbühne und in der New Yorker Exilzeitschrift Deutsches<br />

Volksecho erscheinen, recherchiert Maria Leitner unter Todesgefahr, denn sie<br />

reist illegal nach Deutschland. Wahrscheinlich tarnt sie sich als amerikanische<br />

oder ungarische Touristin. Nur in einer Reportage gibt sie auf die Frage,<br />

woher sie denn komme, die Antwort: »Aus Amerika« 7 . Vielleicht besitzt sie<br />

noch einen gültigen (Reise-)Pass aus der Zeit ihrer Amerika-Reisen, der auf<br />

eine amerikanische oder ungarische Form ihres Namens – Lightner oder Lékai<br />

– ausgestellt ist. 8 Eventuell gelingt es Maria Leitner, einen der niederländischen,<br />

belgischen oder französischen illegalen Grenzgänge der KPD zu<br />

benutzen, die für »Kuriere sowie zum längeren Einsatz in Deutschland bestimmte<br />

Funktionäre« 9 gedacht sind.<br />

Im Mittelpunkt ihrer antifaschistischen Reportagen stehen die Kriegsvorbereitungen<br />

der Nationalsozialist_innen und die kulturellen Veränderungen<br />

unter der NSDAP. In den Augen der Gestapo gelten diese Enthüllungen als<br />

Hochverrat.<br />

Die gründlichen Recherchen und genauen Angaben in ihren Reportagen<br />

lassen darauf schließen, dass die Journalistin Verbindungen zu Kontaktpersonen<br />

in Wissenschaft und Wirtschaft Hitlerdeutschlands – zum Beispiel direkt<br />

bei der I. G. Farben – haben muss. Vermutlich leistet sie in dieser Zeit<br />

Widerstands- und Aufklärungsarbeit mit einer Gruppe oder Organisation im<br />

Untergrund und erhält dadurch genauere Kenntnisse über die Situation in<br />

Deutschland. Weiterführende Informationen dazu konnten bisher nicht gefunden<br />

werden.<br />

Durch ihre Publikationen vermittelt sie dem Ausland – vor allem jedoch<br />

der deutschsprachigen Emigration – wesentliche Einblicke in die Verhältnisse<br />

im faschistischen Deutschland. In ihrer Reportage Reinsdorf 10 , der ersten,<br />

die im Wort erscheint, weist sie auf die Verstrickungen zwischen den<br />

Konzernen und der Reichswehr hin: »Reinsdorf gehört zu jenen Städten, in<br />

denen der Krieg unterirdisch vorbereitet wird. Unterirdisch im doppelten<br />

7 Maria Leitner: Besuch bei Heinrich Heine. In: Das Wort, Jg. 3, Heft 1, 1938, S. 154 f.<br />

8 Vgl. Schwarz 1989 (s. Anm. 1), S. 103.<br />

9 Beatrix Herlemann: Die Emigration als Kampfposten. Die Anleitung des kommunistischen Widerstandes in<br />

Deutschland aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden, Königstein im Taunus 1982, S. 74.<br />

10 Maria Leitner: Reinsdorf. In: Das Wort, Jg. 1, Heft 2, 1936, S. 54 f.<br />

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