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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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gehren möglichst offenzuhalten. Dies führte zu zahlreichen Überlegungen<br />

schon im Vorfeld der Teilnehmenden-Beobachtung: Wie spreche ich die Leute<br />

eigentlich an? Wie kann ich über Geschlecht und Begehren reden, ohne dabei<br />

mit normativen Begrifflichkeiten Grenzen zu schaffen? Welche Rolle spielt<br />

dabei meine eigene Verortung und Körperlichkeit, wie positioniere ich mich<br />

in intersubjektiven Begegnungen? Welche Facetten meines Selbst werden in<br />

den Begegnungen mit den Protagonist_innen transportiert, und wie wirken<br />

sich diese aus?<br />

Ich habe versucht, Kategorisierungen und sprachliche Setzungen zu reduzieren,<br />

in meinen Adressierungen an die Protagonist_innen sehr vorsichtig<br />

und sparsam zu sein. Dennoch greife ich auf manchen Ebenen auf eine Benennung<br />

und Kategorisierung zurück, um bestimmte Sachverhalte überhaupt<br />

greifbar zu machen, eine Sprache dafür zu haben. Diese Adressierungen<br />

habe ich jedoch erst verwendet, wenn die Forschungspartner_innen sich<br />

selbst mir gegenüber verortet haben. Wenn sich zum Beispiel eine Person<br />

mir gegenüber als weiblich und bisexuell verortet hat, habe ich sie im Folgenden<br />

mit genau diesen Begrifflichkeiten angesprochen und konnte dann<br />

auch genauer fragen, was sie denn mit »weiblich« oder »bisexuell« genau<br />

meint, was sie darunter versteht und wie diese Kategorien auf ihren Alltag<br />

einwirken.<br />

Für einen queeren Forschungsansatz ist es also wichtig, sich normativer<br />

Bezeichnungspraxen bewusst zu sein und diese, soweit es geht, zu öffnen<br />

und als Forscherin beständig zu reflektieren, welche Begrifflichkeiten in der<br />

Arbeit zugrunde gelegt werden, die wiederum Identitäten und Kategorien<br />

(re-)produzieren. So gelingt es auch, dem prozesshaften Charakter von<br />

Selbstpositionierungen gerecht zu werden, der sich in pluralen, fluiden und<br />

kontingenten Identitäten ausdrückt. Ich bin der Meinung, dass eine solche<br />

Perspektive nicht nur für Forschungen zu Geschlecht und Sexualität sinnvoll<br />

ist, sondern auch für ethnografische Forschung im Allgemeinen fruchtbar<br />

gemacht werden sollte, um normative, unkritische Zuschreibungen in geschlechtliche<br />

oder sexuelle Kategorien zu vermeiden.<br />

Schluss<br />

Ein empirischer Zugang, der die Frage der Positionierung ernst nimmt,<br />

ermöglicht eine direkte Interaktion und einen Anschluss zu den Protagonist_innen<br />

der Forschung. Und dies in einer Art und Weise, die weniger ausbeuterisch,<br />

weniger objektivierend und politisch relevanter ist. Das generierte<br />

Wissen über Visual Kei und die Praxen darin entstand und entsteht in<br />

einem Aushandlungsprozess zwischen Forscherin, Protagonist_innen und<br />

epistemischer Gemeinschaft.<br />

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