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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Geburten in ganz bestimmten Bevölkerungsgruppen zu provozieren, nämlich<br />

bei Besserverdienenden und Höherqualifizierten, indem diese mit hohen<br />

finanziellen Belohnungen übervorteilt werden. Work-Life-Balance lässt<br />

sich in diesem Zusammenhang als bevölkerungspolitisches Steuerungsinstrument<br />

zur sozialen Selektion beschreiben. Insgesamt werden dabei als<br />

Faktoren eines familienfreundlicheren Klimas vor allem wirtschaftliche Faktoren<br />

und eine produktive Sexualität einkalkuliert. Abschließend ist festzustellen,<br />

dass die Diskursposition der Initiative den Diskurs der »Familie als<br />

Keimzelle des Staates« hin zu einem Diskurs zu der »Familie als Garant der<br />

Deutschland AG« verschiebt.<br />

Fazit<br />

Die Untersuchung des geschlechterspezifischen Diskursstranges kann wie<br />

folgt beschrieben werden: Die strategischen Überlegungen der Work-Life-<br />

Balance-Initiative verfolgen das Ziel einer Überwindung der bisherigen Rollenbilder<br />

in Richtung Chancengleichheit der Geschlechter, einer Verbesserung<br />

der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie einer expliziten Ermutigung<br />

von Männern, Work-Life-Balance-Maßnahmen in Anspruch zu nehmen.<br />

Diskursanalytisch ist zu konstatieren, dass im Text ein widersprüchliches<br />

Ziel formuliert wird. Das Männerbild wird nicht verschoben oder verändert;<br />

es kann auch nicht von einer expliziten »Ermutigung« 31 der männlichen Beschäftigten<br />

gesprochen werden, da sich lediglich eine unmerklich kleine Anzahl<br />

an spezifischen Anrufungen an männliche Beschäftigte richtet. Die<br />

weiblichen Beschäftigten sind jedoch mit einer veränderten Anrufung ihres<br />

Rollenbildes konfrontiert. Die Anrufungen gehen in die Richtung, dass weibliche<br />

Mitarbeiterinnen sich das aneignen sollen, was ihre männlichen Kollegen<br />

schon können: sich im Wettbewerb durchsetzen sowie Reproduktionsarbeiten<br />

funktionalisieren und rationalisieren. Insgesamt lässt sich damit auf<br />

der symbolischen Ebene keine signifikante Neudefinition von Geschlechterbildern<br />

feststellen, obwohl feministische Diskurse Eingang in die Konzepte<br />

gefunden haben und auch der wirtschaftsliberale Diskurs darum kreist, Elternschaft<br />

zu erleichtern und zu fördern bzw. Elternschaft in Balance mit<br />

wirtschaftspolitischen Strategien zu bringen. Dies ist aber noch keine Neudefinition<br />

von Geschlechterbildern oder eine Überwindung dieser. Die Verbindung<br />

von politökonomischen und bevölkerungspolitischen Diskursen<br />

dient letztlich dazu, solche Maßnahmen zu installieren, welche die Kontrolle<br />

der Geburtenrate und der Bevölkerungsentwicklung wieder als staatlich<br />

und ökonomisch zu überwachende Angelegenheit behandeln.<br />

31 Vgl. ebd., S. 29.<br />

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