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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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geeignet seien. Zum Honorar schrieb er: »Das [...] wollen Sie nach den Verhältnissen<br />

bemessen. Ich denke an 1 000 Francs, bestehe aber nicht darauf.« 66<br />

Darüber hinaus erwähnt der erste offizielle Rundbrief des Aktionsausschusses<br />

deutscher Oppositioneller, auf dessen Briefkopf Heinrich Mann als<br />

Präsident vermerkt ist, das Erscheinen der Tarnschrift Lyon’s Tea. 67 Andere<br />

Hinweise in sonstigen Schreiben sind nicht immer eindeutig zuzuordnen. In<br />

diversen Fällen muss davon ausgegangen werden, dass Heinrich Mann nicht<br />

über die Verwendung seiner Texte in Tarnschriften informiert wurde. Aufgrund<br />

der verfügbaren Korrespondenz und seines Prinzips »einer möglichst<br />

weitgehenden Streuung der Veröffentlichungen« 68 ist allerdings anzunehmen,<br />

dass er sein Einverständnis gegeben hätte. Eine beträchtliche Anzahl<br />

seiner Veröffentlichungen in diesem Medium sind Erstdrucke.<br />

Fazit<br />

Bereits zu Zeiten der Weimarer Republik stellte ein Klassiker der Zensurforschung<br />

fest: »So lange man Bücher druckt, hat man Bücher verboten, und so<br />

lange man Bücher verbietet, haben findige Schriftsteller, Verleger und<br />

Drucker Mittel und Wege gefunden, hinter die Schule des Gesetzes zu gehen,<br />

dem Zensor ein Schnippchen zu schlagen und den Fangeisen der Polizei<br />

zu entrinnen.« 69<br />

Unter den Bedingungen von Nationalsozialismus und Exil haben Tarnschriften<br />

ein bis dahin wie seitdem unbekanntes Ausmaß an Verbreitung erlebt.<br />

Obwohl ihre Wirksamkeit umstritten ist, stellen sie eine interessante,<br />

heute weitgehend unbekannte Strategie intellektuellen Widerstands dar. Sowohl<br />

ihre Verkleidung als auch ihre Verbreitung kennzeichnen sie als spezifisch<br />

subversive Form des Unterlaufens von Zensurmaßnahmen. Sie spiegeln<br />

den Versuch, trotz allem Widerstand zu leisten, gleichzeitig aber die<br />

Risiken für alle Beteiligten so gering wie möglich zu gestalten. Inwiefern<br />

diese Strategie an anderen Orten wie auch zu anderen Zeiten aufgegriffen<br />

wurde oder wird, ist bisher kaum erforscht.<br />

Heinrich Mann, der sich schon in der Weimarer Republik für Kunst- und<br />

Pressefreiheit sowie gegen den aufkommenden Nationalsozialismus positio-<br />

67 Vgl. Aktionsausschuss Deutscher Oppositioneller [Hermann Budzislawski] an unbekannt, o. D. [nach<br />

28.04.1939], ebd., Blatt 4-5, hier: Blatt 4.<br />

68 Wolfgang Klein: Zum vorliegenden Band. In: Mann 2009 (s. Anm. 19), S. 726-746, hier: S. 738.<br />

69 Heinrich Hubert Houben: Polizei und Zensur. Längs- und Querschnitte durch die Geschichte der Buch- und<br />

Theaterzensur, Berlin 1926, S. 41.<br />

70 Vgl. Heinrich Mann: Die Zensur III. Gesprochen bei einer Kundgebung der Deutschen Liga für Menschenrechte<br />

[1931]. In: Ders.: Essays und Publizistik. Kritische Gesamtausgabe, hrsg. von Wolfgang Klein, Anne<br />

Flierl und Volker Riedel, Bd. 5: 1930 bis Februar 1933, hrsg. von Volker Riedel, Bielefeld 2009, S. 119-121.<br />

71 Heinrich Mann: Im Reich der Verkrachten [1933]. In: Mann 2009 (s. Anm. 19), S. 52-57.<br />

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