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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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sowie den zukünftigen Autonomien auf regionaler und departamentaler<br />

Ebene andererseits.<br />

Fest steht, dass indigene Autonomien – mit der Anerkennung indigener<br />

Organisations- und Entscheidungsstrukturen sowie Rechtsvorstellungen –<br />

über eine politische Dezentralisierung und fiskale Dekonzentration zentralstaatlicher<br />

Ressourcen deutlich hinausweisen.<br />

Neben der Anerkennung von eigenen Werten und Normen sowie der Bewahrung<br />

und Förderung kultureller Traditionen geht es bei den Diskussionen<br />

um indigene Autonomie aber immer auch um konkrete sozioökonomische<br />

Verbesserungen. So haben die internen Diskussionen im Vorfeld der am<br />

6. Dezember 2009 in zwölf Stadt- und Landkreisen abgehaltenen Referenden<br />

40 über die Einführung indigener Autonomien gezeigt, dass produktive<br />

Projekte und eine bessere Planung sowie Investition knapper Ressourcen<br />

sowohl von indigenen Führungspersonen als auch der Basis als zentral erachtet<br />

werden, um die herrschende Armut zu überwinden, lokale Zukunftsperspektiven<br />

zu eröffnen und die Abwanderung und permanente oder temporäre<br />

Arbeitsmigration in Städte und Nachbarländer zu verringern.<br />

Intensiv diskutiert wird dabei beispielsweise, ob und wie die indigenen<br />

Autoritäten neben ihren religiös-rituellen Aufgaben eine effiziente und transparente<br />

öffentliche Planung und Verwaltungsarbeit gewährleisten können<br />

oder wie sie – da sie oft nicht über das notwendige technisch-administrative<br />

Wissen verfügen – die Arbeit von bezahltem Fachpersonal effektiv kontrollieren<br />

können. Indigene Autonomie wird dabei nicht als Abspaltung und<br />

Rückkehr zu einem vormodernen Urzustand aufgefasst, sondern es wird<br />

eine territorial begrenzte Selbstregierung angestrebt, die auf eigenen kulturellen<br />

Werten fußt und die strukturellen materiellen und immateriellen Benachteiligungen,<br />

die als koloniale Schuld betrachtet werden, merklich verbessern<br />

will. Die Protagonist_innen indigener Autonomien betrachten deren<br />

Realisierung als historische Chance auf die Befreiung aus kultureller Unterdrückung,<br />

sie sehen aber auch die Gefahren. 41<br />

40 Parallel zu den landesweiten Neuwahlen am 06.12.2009 wurde in einer ersten Pilotphase in 12 Stadt- und<br />

Landkreisen über die Einführung von indigenen Autonomien abgestimmt. In 11 dieser Stadt- und Landkreise<br />

wurde mehrheitlich dafür gestimmt.<br />

41 Eigene Erhebungen zeigen, dass vor allem vermehrte Korruption in den eigenen Reihen sowie interne<br />

Fragmentierungsprozesse aufgrund von Streitereien über die Verteilung von Ressourcen befürchtet werden.<br />

Darüber hinaus wird immer wieder das oft fehlende technisch-administrative und haushaltspolitische Fachwissen<br />

thematisiert und eine Wiederholung beziehungsweise Fortsetzung der Schwierigkeiten und Ineffizienzen<br />

befürchtet, die im Kontext des 15-jährigen Kommunalisierungsprozesses zutage traten. Eine weitere<br />

Angst besteht darin, dass der Staat sich aus seiner sozialen und ökonomischen Verantwortung zurückzieht<br />

und den indigenen Gemeinschaften lediglich die Selbstverwaltung der lokal herrschenden Armut überlässt.<br />

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