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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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kehrt […] und schließlich die Strategien, in denen sie zur Wirkung gelangen<br />

und deren große Linien und institutionelle Kristallisierungen sich in den<br />

Staatsapparaten, in der Gesetzgebung und in den gesellschaftlichen Hegemonien<br />

verkörpern« 5 .<br />

Somit stellt Macht für Foucault nicht nur ein repressives und unterdrückendes,<br />

sondern auch ein strategisch-produktives Prinzip dar.<br />

Produktiv ist dieses Prinzip der Macht auch für die Formierung der Subjektivität.<br />

Schließlich geht es Foucault, wie er in einem seiner späteren Interviews<br />

sagt, nicht um die Macht, sondern um das Subjekt. Er versucht in seinen<br />

Arbeiten, »eine Geschichte der verschiedenen Verfahren zu entwerfen,<br />

durch die in unserer Kultur Menschen zu Subjekten gemacht werden« 6 . Foucault<br />

relativiert den Begriff »Subjekt«, stattdessen spricht er über die Subjektivierung:<br />

»Ich werde Subjektivierung einen Prozess nennen, durch den man<br />

die Konstitution eines Subjekts, genauer, einer Subjektivität erwirkt, die offensichtlich<br />

nur eine der gegebenen Möglichkeiten zur Organisation eines<br />

Selbstbewusstseins ist.« 7<br />

In seinen frühen Arbeiten versucht Foucault zu zeigen, wie das Subjekt<br />

sich durch Praktiken der Unterwerfung konstituiert, wie die Techniken der<br />

Macht die Formierung des Subjekts fördern. In einer späteren Phase ist in<br />

Foucaults Arbeiten allerdings eine »Rückkehr des Subjekts« zu verzeichnen.<br />

Seine letzten Arbeiten widmet Foucault dem Thema der Sorge um sich und<br />

den Praktiken des Selbst, in denen sich das Subjekt auf aktive Weise konstituiert.<br />

Foucault geht jedoch davon aus, dass die Praktiken des Selbst nicht von<br />

dem Individuum selbst erfunden werden, sondern dass es sich dabei um bestimmte<br />

»Schemata« handelt, »die es in seiner Kultur vorfindet und die ihm<br />

vorgegeben, von seiner Kultur, seiner Gesellschaft, seiner Gruppe aufgezwungen<br />

sind« 8 . Die Problematik der Macht bleibt somit für Foucault nach<br />

wie vor aktuell, aber der Akzent wird mehr auf ihre individualisierenden<br />

Strategien gesetzt.<br />

Michel Foucault stellt fest, dass der moderne westliche Staat ein altes<br />

Machtverfahren geerbt hat, welches er als Pastoralmacht bezeichnet. Diese<br />

Form von Macht hat ihren Ursprung in der christlichen Kirche und zeichnet<br />

sich durch folgende Merkmale aus: Der Inhaber der Pastoralmacht präsentiert<br />

sich nicht als Herrscher, Fürst oder Richter, sondern vielmehr als Hirte. Diese<br />

Form von Macht kümmert sich nicht nur um die Gemeinschaft als Ganzes,<br />

sondern um jedes Individuum; sie begleitet es sein ganzes Leben lang. Diese<br />

Macht ist bestrebt, das Bewusstsein des Einzelnen zu kennen und zu lenken. 9<br />

5 Michel Foucault: Sexualität und Wahrheit, Frankfurt am Main 1977, Bd. I: Der Wille zum Wissen, S. 113 f.<br />

6 Ders.: Warum ich die Macht untersuche. Die Frage des Subjekts. In: Ders.: Botschaften der Macht. Der Foucault-Reader.<br />

Diskurs und Medien, Stuttgart 1999, S. 161-171, hier: S. 161.<br />

7 Ders.: Die Rückkehr der Moral. In: Ders.: Ästhetik der Existenz. Schriften zur Lebenskunst, Frankfurt am<br />

Main 2007, S. 239-252, hier: S. 251.<br />

8 Ders.: Die Ethik der Sorge um sich als Praxis der Freiheit. In: Ebd., S. 253-279, hier: S. 266.<br />

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