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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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normativen Matrix werden Geschlechter und Sexualitäten entlang der Linie<br />

Abnormalität – Normalität angeordnet. 3 Mit einem queeren Blick auf Irritationen<br />

von Körpern, Begehren und Geschlechtern ergeben sich methodologische<br />

und forschungsethische Implikationen, auf die ich im zweiten Teil des<br />

Textes genauer eingehen werde. Ich gehe den Dynamiken einer etablierten<br />

und doch nicht selbstverständlichen methodologischen Schnittmenge nach<br />

und möchte damit zu weiteren Diskussionen und Theoretisierungen der ethnografischen<br />

Analyse von Körpern, Geschlecht und Begehren anregen. Doch<br />

zunächst möchte ich die Subkultur Visual Kei beschreiben, die auch in meine<br />

eigenen heteronormativen Blickgewohnheiten interveniert und so mein Interesse<br />

geweckt hat.<br />

Das Herzstück meiner empirischen Forschung macht eine anderthalbjährige<br />

Feldforschung aus, in der ich am Leben der Visus in Deutschland teilnahm,<br />

Konzerte, Treffen und Buchmessen besuchte, viel Zeit mit ihnen im<br />

Internet verbrachte und mir eine schier endlose Zahl japanischer Musikvideos<br />

anschaute, 4 da gerade Musik, Outfit, Medien, Symbole und Rituale<br />

Marco Höhn zufolge zentrale Szeneaspekte darstellen. 5 Meist wird über Visual<br />

Kei ausschließlich in popkulturellen Medien berichtet, durch die ich<br />

zunächst auch auf diese Subkultur aufmerksam geworden bin. Kurze Zeit<br />

später konnte man auch einige Visus in Berlin entdecken, und als Referentin<br />

für politische Bildungsarbeit hatte ich in meinen Workshops Kontakt zu Jugendlichen,<br />

die sich als Visual-Kei-Fans zu erkennen gaben.<br />

Visual Kei – eine translokale Subkultur<br />

Visual Kei ist eine Subkultur, die eigentlich aus Japan kommt und sich um<br />

die Jahrtausendwende auch in Deutschland etabliert hat. Das englische »Visual«<br />

steht für optisch, sichtbar oder visuell, weil es in erster Linie auf die<br />

äußere Erscheinung und das Styling ankommt. Und »Kei«, das japanische<br />

Kanji-Zeichen, steht für Herkunft oder System. So ließe sich Visual Kei erst<br />

einmal als »visuelles System« übersetzen. Damit ist aber noch nicht geklärt,<br />

wie Visual Kei aussieht oder was die Inhalte, Themen, Motive, Ideale und<br />

Motivationen der Protagonist_innen dieser Szene sind.<br />

Obwohl in Japan schon seit 20 Jahren verbreitet, war Visual Kei in Europa<br />

lange Zeit unbekannt. Mit dem seit einigen Jahren anhaltenden »globalen<br />

3 Vgl. Christian Klesse: Heteronormativität und qualitative Forschung. Methodische Überlegungen. In: Bettina<br />

Fritzsche et al.: Heteronormativität. Empirische Studien zu Geschlecht, Sexualität und Macht, Wiesbaden<br />

2007, S. 35-51; Annamarie Jagose: Queer Theory. Eine Einführung, Berlin 2001; Butler 1991 (s. Anm. 2).<br />

4 Insgesamt habe ich während der teilnehmenden Beobachtung und den durchgeführten Interviews rund 600<br />

Seiten Transkription und Feldnotizen generiert, auf denen die Darstellung beruht.<br />

5 Vgl. Marco Höhn: Visual Kei. Eine mädchendominierte Jugendkultur aus Japan etabliert sich in Deutschland.<br />

In: Gabriele Rohmann (Hrsg.): Krasse Töchter. Mädchen in Jugendkulturen, Berlin 2007, S. 45-54.<br />

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