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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

Auch die Historienmalerei, die insgesamt den Vorwürfen der Bühne folgte,<br />

entwickelte bis ins 19. Jahrhundert immer neue Interpretationsvarianten: <strong>Die</strong> Iko-<br />

nographie Didos reicht von der ›zarten Seele‹ bis zum Emblem des archaischen<br />

und archetypischen Hasses einer verschmähten Liebenden, die der Anblick des<br />

davonsegelnden Liebhaber zur Furie macht.<br />

Dido: Ikonographie der Historienmalerei<br />

<strong>Die</strong> Behandlung des Dido-Stoffes in der Historienmalerei folgte den großen Ten-<br />

denzen der historiographisch-literarischen Bearbeitungen. So ist es nicht überra-<br />

schend, dass die Ikonographie der Selbstmord begehenden Königin zwei nach-<br />

einander entwickelte, dann aber konkurrierend weitergeführte Akzentuierungen<br />

kennt.<br />

<strong>Die</strong> ältere Bildtradition stellte die<br />

Regentin in den Vordergrund; eine Aus-<br />

gabe des Roman d’Enéas (14. Jahrhun-<br />

dert) zeigt in den Text begleitenden Mi-<br />

niaturen [Abb. 1 und Abb. 2] die wichtigen<br />

Stationen der Reise des Aeneas und gibt<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

der Dido-Episode nur einen unter geordneten Stellenwert. 19 Erst unter dem Ein-<br />

fluss der frühneuzeitlichen Historiendramen konnte sich eine andere Bildtradition<br />

entwickeln, die pointiert den Konflikt Didos zwischen Politik und Liebe aufgriff.<br />

<strong>Die</strong> Holzschnittillustrationen der frühen Wiegendrucke zeigen, Justinus fol-<br />

gend, Dido <strong>als</strong> Städtegründerin, Herrscherin und treue Witwe (univira). Der Holz-<br />

schnitt des unbekannten Meisters [Abb. 3], der 1473 zunächst die lateinische,<br />

piadoso troyano), Cristóbal de Morales (Los amores de Dido y Eneas), Lorenzo de las Llamosas (Destinos<br />

vencen finezas), Cristóbal de Virués (Elisa Dido), Gabriel Lobo Lasso de la Vega (Tragedia de la honra de<br />

Dido restaurada), Alvaro Cubillo de Aragón (La honestidad defendida de Elisa Dido, Reyna, y fundadora de<br />

Cartago), Juan Pastor (Farsa de Lucrecia), Francisco de Rojas Zorrilla (Lucrecia y Tarquino) und Agustín<br />

Moreto y Cabaña (Baile de Lucrecia y Tarquino). Walthaus zeigt, dass (im Übrigen vergleichbar mit der<br />

französischen Entwicklung) der zunächst auf den inneren moralischen Kern der Identität zielende,<br />

aristokratische Begriff der Ehre (honor / honra / honestidad) mit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert eine<br />

›politische‹ (gesellschaftliche) Dimension erhält. – Zu den Operbearbeitungen ausführlich unten, S. 274ff, bes.<br />

S. 275; Anm. 22. Im 17. Jahrhundert hatte der Stoff seinen größten Einfluss in der O p e r (u. a. Purcell 1688,<br />

Steffani 1695). Der andauerndste Erfolg gelang 1724 Metastasio mit seinem Libretto, das die Vorlage zahlreicher<br />

Vertonungen wurde. – Im 18. Jahrhundert ist Dido wieder verstärkt im Drama und neuen theatralischen<br />

Formen wie dem Monodrama zu finden; Charlotte von Steins Drama von 1794 (Charlotte von Stein: Dramen,<br />

hrsg. von Susanne Kord, Hildesheim / Zürich / New York 1988) entspricht ganz dem etwas epigonalen Zeitstil<br />

wie auch <strong>August</strong> Siegfried von Goués »Duodrama« (Wetzlar 1771), das neben Dido ihre Schwester Anna zur<br />

Protagonistin macht (zum Monodrama vgl. unten S. 292).<br />

19 Katalog 350.<br />

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