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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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I ›Schönes Sterben‹<br />

Schlüssel zum Verständnis der Kunst des 19. Jahrhunderts gefunden. John Eve-<br />

rett Millais (1829-1896) schuf mit seiner Ophelia 12 gewissermaßen ein Emblembild<br />

für die schockierende Verbindung von Tod und Schönheit. Ophelia schwebt im<br />

Wasser, wobei Haare und Kleidung schon kaum mehr von den sie umgebenden<br />

vegetabilen Formen zu unterscheiden sind. <strong>Die</strong> schöne Tote wird so wieder ein<br />

Teil der Natur und verliert ihre angstmachende Sinnlichkeit. 13 Für unseren Zusam-<br />

menhang soll <strong>als</strong> Beispiel der Tod der Kleopatra [Abb. 1] 14 von Hans Makart (1840-<br />

1884) dienen, das dem niederländischen Autor Couperus die Folie zur<br />

Eingangsszene seines ersten großen Ro-<br />

mans gab. »Nichts <strong>als</strong> der sinnlichen Pracht<br />

der Farbe zuliebe erfundene, von keinerlei<br />

gedanklichem Inhalt beschwerte Festdeko-<br />

rationen« nannte Hans Vollmer die Histo-<br />

rienmalerei Makarts 15 . Das vernichtende<br />

Urteil, zudem an maßgeblicher Stelle, prägte<br />

über viele Jahrzehnte Ansehen und Einord-<br />

Abb. 1<br />

nung des Historienmalers Makart. Inzwischen ist die historische Distanz zum 19.<br />

Jahrhundert gewachsen und ein anderer, leidenschaftsloserer Blick auf Makarts<br />

Produktion möglich, der das Spezifische und Zeittypische nüchterner analysiert.<br />

Der zeitgenössischen Begeisterung für orientalische Sujets entsprach Ma-<br />

kart schon, bevor er zusammen mit seinem Freund Leopold Carl Müller, dem so-<br />

genannten ›Orientmüller‹, in den Jahren 1875/76 eine Ägyptenreise unternahm. In<br />

der Schaffensperiode vor der Abreise nach Kairo (1874) wurden seine Kleopatra-<br />

Bilder 16 entworfen und ausgeführt, zu denen neben einigen vorbereitenden Ölskiz-<br />

zen <strong>Die</strong> Nilfahrt der Kleopatra 17 und zwei sehr unterschiedliche Fassungen des<br />

köstlichsten Schatzes beraubte Liebende der beste Mittler, uns über diesen zu reden.‹« (Poe, Edgar Allan: The<br />

Philosophy of Composition, in: Essays and Reviews, New York 1984, S. 19; Übersetzung nach: Schumacher,<br />

Fritz: Das bauliche Gestalten, Basel 1991, S. 84-94)<br />

12 Das 1852 entstandene Gemälde befindet sich heute in der Tate Gallery in London.<br />

13 Dazu Kindler, Simone: Ophelia. Der Wandel von Frauenbild und Bildmotiv, Berlin 2004. Kindlers kunst-,<br />

literatur- und kulturgeschichtliche Aspekte verbindende Untersuchung zeichnet die »Entstehungsgeschichte<br />

eines der populärsten Bildmotive der Kunstgeschichte« (S. 213) der besonders im 19. Jahrhundert populären<br />

Projektionsfigur nach.<br />

14 Vgl. Katalog 223. Hier und im Folgenden verweise ich auf meinen Bildkatalog, S. 370ff.<br />

15 Thieme, U. / Becker, F.: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart,<br />

München/Leipzig 1992 (ND Leipzig 1929/1930), Bd. 23, S. 583<br />

16 Dazu Frodl, Gerbert: Hans Makart, Monographie und Werkverzeichnis, Salzburg 1974, Zeittafel S. 65ff.<br />

17 Vgl. Katalog 225. Das Gemälde war ursprünglich <strong>als</strong> Dekoration eines Festsaales geplant, wurde dann abbestellt<br />

und hängt heute in der Staatsgalerie in Stuttgart.<br />

15

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