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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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I ›Schönes Sterben‹<br />

<strong>Die</strong> ›sterbende <strong>Tugendheldin</strong>‹ ist allerdings nur ein Sonderfall des exemplum<br />

virtutis in der Historienmalerei, wie eine 1987 im Kölner Wallraf-Richartz-Museum<br />

präsentierte große Ausstellung mit dem Titel »Triumph und Tod des Helden« 25<br />

zeigte. Sie betonte die führende Stellung Frankreichs im 17. Jahrhundert, was die<br />

Invention möglicher Bildthemen und die theoretische Durchdringung dieser Thema-<br />

tik der Historienmalerei betrifft. 26 <strong>Die</strong> gemeinsame Präsentation von Historienge-<br />

mälden aus nahezu allen Ländern Europas zeigte, wie im 17. und 18. Jahrhundert<br />

die Verbindung von Triumph und Tod des Helden <strong>als</strong> Tugendexempel diente und<br />

dass dafür zahlreiche Schlüsselfiguren aus der mythologischen, biblischen und<br />

historischen Überlieferung ›mobilisiert‹ wurden. Dass Wertungen ebenso wie ak-<br />

tuelle Bezüge dabei starken Wandlungen unterworfen waren, versteht sich von<br />

selbst. 27 <strong>Die</strong> Ästhetik des Historiengemäldes brachte es mit sich, dass sterbende<br />

oder tote Helden und Heldinnen stets ›schön‹ dargestellt werden. Es gab in Kölner<br />

Ausstellung viele Beispiele dafür, dass männliche Helden ihren wahren Triumph<br />

erst im Tod feiern und darin eine ganz eigene Vollkommenheit offenbaren.<br />

Frauen blieben in der Ausstellung eigenartig unterrepräsentiert. 28 Wenn un-<br />

ter den Köln ausgestellten Werken nur wenige Frauen <strong>als</strong> Protagonisten zeigten,<br />

spiegelt dies die historisch gewachsenen Geschlechterrollen wider. Dass aber von<br />

den wenigen Exponaten weiblicher Helden mehr <strong>als</strong> die Hälfte sterbende Frauen<br />

zeigten, bedarf weiterer Überlegungen. Heldenhaftes Sterben gehört in der tradi-<br />

tionellen Unterscheidung der Geschlechterrollen zum kämpferischen und militäri-<br />

schen, <strong>als</strong>o ›männlichen‹ Bereich, dem Selbstopfer von Frauen stand offensichtlich<br />

ein anderer Bedeutungsbereich offen, dem im Folgenden nachgegangen werden<br />

soll.<br />

Möglicherweise deutet sich hier ein wichtiger Problemkomplex an, in dem<br />

das Motiv des ›schönen Sterbens‹ über die Darstellung des (männlichen) Helden-<br />

todes hinaus in andere semantische Bereiche führt, die sich – so meine Aus-<br />

gangshypothese – an sterbenden weiblichen Helden sinnfälliger ins Bild setzen<br />

25 Anschließend war die Ausstellung noch in Zürich und Lyon zu sehen. (Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke<br />

[Hrsg.]: AK Triumph und Tod des Helden, Europäische Historienmalerei von Rubens bis Manet, Köln 1987)<br />

Der Ausstellungskatalog dokumentiert Aufbau und Intentionen des Projektes.<br />

26 <strong>Die</strong> Entwicklung des Historienbildes in den Niederlanden, Italien, Deutschland, England und Amerika folgte<br />

dem französischen Vorbild, wie andere Ausstellungsteile zeigten.<br />

27 Vgl. Mai, Ekkehard / Repp-Eckert, Anke (Hrsg.): Historienmalerei in Europa, Paradigmen in Form, Funktion<br />

und Ideologie, Mainz 1990. Das Kolloquium zur Ausstellung reflektiert in unterschiedlichen Beiträgen Entwicklung,<br />

Ideologie und Krise des Historienbildes.<br />

28 <strong>Die</strong> Geschlechterproblematik wird auch im Aufsatzband nicht einziges Mal thematisiert. Von 105 ausgestellten<br />

Werken stellten nur 15 weiblichen Protagonisten dar, davon acht sterbende Frauen.<br />

19

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