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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

<strong>Die</strong>s gilt zum Beispiel für eine hervorragende Dreiviertel-Skulptur 29 des Gian<br />

Maria da Padova, gen. il Mosca (1493/95 - nach 1574) aus der Sammlung Fran-<br />

chetti in Venedig [Abb. 3]. Allerdings vereint die subtile und geistreiche subscriptio<br />

noch einmal die Gattenliebe und den Stolz der Tochter des republikanischen<br />

Hauptgegners Cäsars. 30<br />

Im Vergleich mit den anderen in dieser<br />

Untersuchung behandelten <strong>Tugendheldin</strong>nen,<br />

Dido, Lukretia, Sophonisbe und Kleopatra, wur-<br />

de Porzia selten zum Bildthema gewählt. 31 Da-<br />

bei mag eine Rolle gespielt haben, dass die<br />

Figur der untröstlichen Witwe den latenten<br />

Grundkonflikt zwischen Liebe und Politik über-<br />

deckte und damit das Sujet an Dramatik verlor.<br />

Immerhin spielte Porzia eine gewisse Rolle in<br />

den ›Galerien starker Frauen‹. 32<br />

Während Lukretias Tod einen politischen<br />

Abb. 3<br />

Umsturz auslöste und bei den Regentinnen Dido, Sophonisbe und Kleopatra Herr-<br />

scherrolle und Liebesleidenschaft in einen unlösbaren Konflikt führten, stimmen<br />

bedingungslose Gattentreue und politische Haltung bei Porzia so nahtlos überein,<br />

dass sich kein wirklicher dramatischer Konflikt und damit auch kein entsprechen-<br />

des ikonographisches Motiv entwickeln ließ 33 . <strong>Die</strong> mangelnde dramatische ›Fallhö-<br />

he‹ kann erklären, dass Porzia weder im Historiendrama noch im Historienbild der<br />

Frühen Neuzeit eine große Karriere machte. Im Umkehrschluss, dass der dramati-<br />

sche Erfolg der anderen <strong>Tugendheldin</strong>nen die Voraussetzung ihrer ikonographi-<br />

schen Laufbahn war.<br />

Im Historiengemälde wurde Porzias vorbildliche Gattenliebe hervorgehoben<br />

und die <strong>Tugendheldin</strong> zur stoischen Märtyrerin stilisiert, deren Darstellung sich<br />

29<br />

Katalog 83.<br />

30<br />

PORTIA SVM BRVTI CONIVX ET NATA CATONIS // QVAM DEDIT OPTATAE FLAMMEA PRVNA NECI.<br />

(›Porzia bin ich, Frau des Brutus und Tochter des Cato, // der die glühende Kohle den gewünschten Tod gab.‹)<br />

31<br />

Auch Pigler, a.a.O., S. 396, hat nur eine geringe Zahl von Bearbeitungen gefunden.<br />

32<br />

Vgl. unten, S. 253.<br />

33<br />

Boyer versuchte dem abzuhelfen, wenn er Porzia sich im Lager der Cäsarmörder aufhalten und an der letzten<br />

Schlacht indirekt teilnehmen lässt. So kommt es zu einer konfliktuösen Begegnung (V, 2) Porzias mit Octavian,<br />

der seine politische Gegnerin zu erniedrigen sucht. Boyer funktionalisiert den letzten Auftritt Porzias dazu,<br />

ihre Willensstärke und politische Haltung zu verdeutlichen. Der Selbstmord selbst wird, den Erfordernissen<br />

des frühklassischen Theaters entsprechend, <strong>als</strong> Bericht gegeben. <strong>Die</strong> politische Rolle in den Historiendramen<br />

nehmen stets Brutus (und Caesar) ein. Porzias Tod wird stets mit der Gattenliebe, nicht mit ihrer Zugehörigkeit<br />

zum republikanischen Lager motiviert.<br />

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