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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

sich <strong>als</strong> so attraktiv, dass sich die gründliche Untersuchung dieses ikonographi-<br />

schen Musters lohnte, die im Folgenden vorgelegt wird.<br />

Dabei geht es neben einer repräsentativen Zusammenstellung des Bildma-<br />

teri<strong>als</strong> darum, dem geistesgeschichtlichen Hintergrund des ikonographischen Mu-<br />

sters und seiner produktiven Rezeptionsgeschichte nachzugehen. <strong>Die</strong> ästhetische<br />

Entschärfung und moralische Überhöhung des schockierenden weiblichen Selbst-<br />

mords verweist – so meine These – auf einen neustoischen Hintergrund, der im<br />

Lauf der Jahrhunderte immer mehr verblasst und in den ›Attitüden‹ des 19. Jahr-<br />

hunderts gänzlich depotenziert ist.<br />

7 Gegenstand der Untersuchung<br />

Im Folgenden wende ich mich <strong>als</strong>o der ikonographischen Gruppe ›römischer‹ Tu-<br />

gendheldinnen 38 zu, die sich an der Wende zur Neuzeit aus den Figuren Dido, Luk-<br />

rezia, Sophonisbe, Kleopatra und Porzia gebildet hat, und untersuche die histori-<br />

schen und literarischen Quellen der Bildkonzeptionen, ihre wechselnde Funktiona-<br />

lisierung und ihr Weiterwirken bis ins 19. Jahrhundert.<br />

Für jede der genannten Frauengestalten lässt sich eine eigene literarische<br />

und ikonographische Rezeptionsgeschichte rekonstruieren; sie treten aber auch in<br />

Reihen (wie den femmes fortes) und <strong>als</strong> Pendants 39 auf. Dabei wurden die Tu-<br />

gendheldinnen durchaus verschieden akzentuiert: sie konnten für soziale Rollen<br />

und Tugenden in Anspruch genommen werden, aber auch für ›schönes Sterben‹<br />

stehen und gingen schließlich, fast gänzlich enthistorisiert, in einer attitude 40 auf.<br />

Insgesamt ergibt sich ein erstaunlicher Rezeptionsspielraum, den erst eine Analy-<br />

se der entsprechenden Bildkorpora 41 differenzierter darstellen kann. <strong>Die</strong> Figur der<br />

Sophonisbe ist dem heutigen Bildgedächtnis am weitesten entrückt, obwohl sie<br />

ganz offensichtlich historisch am Anfang der Konstituierung des ikonographischen<br />

Musters der <strong>Tugendheldin</strong> stand. Deshalb widme ich ihr in einem eigenen Kapitel 42<br />

besondere Aufmerksamkeit.<br />

Eine auch nur annähernde Vollständigkeit des Bildmateri<strong>als</strong> war nicht zu er-<br />

reichen und wurde auch nicht angestrebt, da es mir vor allem auf den wechselnden<br />

38<br />

›Römisch‹ ist <strong>als</strong> ›zur römischen mémoire collective gehörend‹ zu verstehen, da Dido, Sophonisbe und<br />

Kleopatra natürlich keine Römerinnen waren.<br />

39<br />

Vgl. S. 259ff.<br />

40<br />

Vgl. S. 294ff.<br />

41<br />

Sie sind unten in einem Bildkatalog (S. 379ff.) zusammengestellt.<br />

42 Vgl. S. 57ff.<br />

54

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