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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

hin zur heute noch vielfach aufgeführten scène lyrique von Hector Berlioz 18 oder<br />

den Opern von Victor Massé 19 und Jules-Émile-Frédéric Massenet. 20<br />

Es ist kein Zufall, dass die lange Reihe dramatischer Bearbeitungen mit zwei<br />

klassizistischen Historiendramen 21 beginnt, die politischen Konflikt und Liebestra-<br />

gödie miteinander verknüpfen und deren Handlung nach der militärischen Nieder-<br />

lage bei Actium einsetzt. <strong>Die</strong> Cleopatra (1552) von Cesare de’ Cesari 22 und die<br />

Cléopâtre captive (1552) von Étienne Jodelle 23 kontrastieren den Todesentschluss<br />

Kleopatras mit dem Triumph ihres politischen Gegners Octavian. Auch Giambattis-<br />

ta Cinzio (Cleopatra [1555]), Giulio Landi (La Vita di Cleopatra [1551]), Celso Pisto-<br />

relli (Marc’Antonio e Cleopatra [1576]) und Nicolas de Montreux (Cléopâtre<br />

[1594]) 24 thematisieren in ihren Theaterstücken den Konflikt der beiden Gegenspie-<br />

ler. Robert Garnier setzte in seinem Marc-Antoine (1578) die Akzente anders und<br />

betont die Skrupel und mütterlichen Gewissensbisse der Königin, die sich zum<br />

Selbstmord entschließt und damit ihre Kinder schutzlos den Römern ausliefert.<br />

Vertreter einer kritischen Haltung, die moralisierend das Verhalten der Köni-<br />

gin auf die Bühne bringen und an die antiken Vorgaben anknüpfen, sind so ver-<br />

schiedene Autoren wie Hans Sachs (<strong>Die</strong> Königin Cleopatra mit Antonio dem Rö-<br />

mer [1560]) und Daniel Casper von Lohenstein (Cleopatra [1661]).<br />

Eine andere dramatische Traditionslinie setzt mit Shakespeares Tragödie<br />

Antony and Cleopatra (1607) ein, die, vielen Dido-Dramen vergleichbar 25 , Kleopat-<br />

ra <strong>als</strong> große Liebende in Szene setzt und den politischen Konflikt in den Hinter-<br />

grund treten lässt. Shakespeare beeinflusste damit für Jahrhunderte massgeblich<br />

das Bild Kleopatras auf der Bühne. <strong>Die</strong> von Plutarch 26 übernommene negative Ein-<br />

18 La mort de Cléopâtre, Scène lyrique pour soprano et orchestre (1829); der Text des Libretto findet sich am<br />

einfachsten unter: http://www.hberlioz.com/BerliozLibretti/Rome.htm.<br />

19 Une nuit de Cléopâtre (1885)<br />

20 Cléopâtre (1914)<br />

21 Ein Blick in die Bibliotèque des théâtres von Maupoint (1733), einem immer noch nützlichen Repertorium der<br />

französischen Bühne des 16. und 17. Jahrhunderts, zeigt den Erfolg der ›starken Frauen‹ in Frankreich. Am<br />

bequemsten ist Maupoint zugänglich unter http://www.cesar.org.uk/cesar2/books/maupoint/index.php (letzter<br />

Zugriff 10.12.2006).<br />

22 De’Cesari, Cesare: Cleopatra, Tragedia di M. Cesare de’Cesari, Venezia (Giovanni Griffio) 1552 (Mikrofilm<br />

952,2 der Biblioteca Casanatense, Rom)<br />

23 Étienne Jodelle, Cléopâtre captive (1553), erste Drucke 1574 und 1583, kritische Edition von Charles Marty-<br />

Lavaux 1868, bequem zugänglich unter http://hypo.ge.ch/athena/jodelle/jod_cleo.html (zuletzt aufgerufen am<br />

13.06.2008).<br />

24 Erstdruck 1601; ktitische Edition von Donald Stone jr, Genève1976.<br />

25 Shakespeare markiert den intertextuellen Zusammenhang deutlich, weist doch Antonius darauf hin, dass<br />

Kleopatra und Antonius dem Liebespaar Dido und Äneas Konkurrenz machen. (»Stay for me. / Where souls do<br />

couch on flowers, we’ll hand in hand, / And with our sprightly port make the ghosts gaze. / Dido and her Aeneas<br />

shall want troops, / And all the haunt be ours. « [IV,14,50])<br />

26 Vgl. Pelling, Christopher: »Anything truth can do, we can do better: the Cleopatra legend«, in: Walker, Susan<br />

/ Higgs, Peter (Hrsg.): AK Cleopatra of Egypt, From History to Myth, London 2001, S. 292-301; Bonnefoy,<br />

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