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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

aus und betont die ›Fallhöhe‹, um einen Begriff der aufklärerischen Dramentheorie<br />

aufzugreifen. Nicht zufällig wurde die Verbindung von Bankett und Selbstmord, wie<br />

sie die frühneuzeitliche Graphik hergestellt hatte, in Pendants und Zyklen 38 der<br />

Historienmalerei aufgegriffen.<br />

<strong>Die</strong> Graphik des 16. Jahrhunderts hat für den Tod der Kleopatra zwei deutlich von-<br />

einander zu trennende Darstellungsmuster entwickelt, die beide in der Ikonogra-<br />

phie der Historienmalerei aufgegriffen wurden und sich mit verschiedenen Pathos-<br />

formeln verbinden. Ein Muster zeigt die stehende oder sitzende Kleopatra und hebt<br />

pathetisch auf die Verzweiflung der Königin ab; die Schlangen <strong>als</strong> Verursacher ih-<br />

res Todes übernehmen dabei eine ›aktive‹ Rolle. <strong>Die</strong> andere Pathosformel zeigt<br />

die ausgestreckte und liegende Königin im Sterben meist mit geschlossenen Au-<br />

gen, wobei die Schlangen eine eher dekorative Funktion erhalten. An dieses Dar-<br />

stellungsmuster ließ sich die neustoische Interpretation Kleopatras <strong>als</strong> Tugendhel-<br />

din am besten anschließen.<br />

<strong>Die</strong> Pathosformel der Verzweiflung wird zum Beispiel von Hans Sebald Be-<br />

hams (1500-1550) Kleopatra 39 [Abb. 3] aufgegriffen. <strong>Die</strong> Königin sitzt im Gefängnis;<br />

ein vergittertes Fenster und Ketten betonen ihre elende Situation. Mit manieristisch<br />

verdrehter Körperhal-<br />

tung und himmelndem<br />

Blick drückt sie ihr<br />

Unglück aus. <strong>Die</strong><br />

Schlange am linken<br />

Unterarm offenbart,<br />

dass die Königin sich<br />

bereits zum Selbst-<br />

Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5<br />

mord entschlossen hat. Mit ähnlichen künstlerischen Mitteln heben auch Bartel<br />

Beham, Jan Muller und Valesio 40 auf den Affekt der Verzweiflung ab. In dieser Bild-<br />

tradition wird Kleopatra nicht <strong>als</strong> souveräne Herrscherin und bezaubernde Frau,<br />

38 Darauf gehe ich weiter unten (S. 162) ausführlich ein. Jacob Jordaens (Katalog 184 und 185), Charles-<br />

Joseph Natoire (Katalog 254 und 255) und Gerard de Lairesse (Katalog 201 und 202) beispielsweise haben<br />

Pendants gemalt, die sowohl Glück <strong>als</strong> auch Unglück der ägyptischen Königin veranschaulichen. Viele dieser<br />

Pendants oder Zyklen fanden zudem <strong>als</strong> Vorlagen für Tapisserien Verwendung. Von den hier behandelten<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen nahm besonders Kleopatra einen herausragenden Platz in Gobelin- und Wandteppichserien<br />

ein.<br />

39 Vgl. Katalog 29.<br />

40 Vgl. Katalog z. B. Bartel Beham (Katalog 28), Monogrammist I. F. (Katalog 248), Hans Sebald Beham (Katalog<br />

31 und 29), Jan Muller (Katalog 250 und 251) und Valesio (Katalog 416).<br />

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