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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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I ›Schönes Sterben‹<br />

mourir en philosophe transportierte – durchaus in Konkurrenz zum nachtridentini-<br />

schen Märtyrerbild 39 – nicht nur unverbindliche exempla virtutis, sondern zentrale<br />

moralische und politische Normen der Aufklärungsepoche. <strong>Die</strong> Vermutung liegt<br />

nicht fern, dass dies bereits für die ›Galeries des femmes fortes‹ des 16. Jahrhun-<br />

derts galt, die das weibliche Gegenstück zu den männlichen exempla virtutis bilden<br />

könnten.<br />

5›Starke Frauen‹<br />

Schon in der Frühen Neuzeit war in der Tat das Motiv des ›exemplarischen Ster-<br />

bens‹ nicht auf die Darstellung von militärischen und philosophischen, <strong>als</strong>o ›männ-<br />

lichen‹ Tugenden beschränkt, sondern erscheint, allerdings eher beiläufig, auch in<br />

einem völlig anderen Zusammenhang: in den ›Galerien starker Frauen‹ nämlich,<br />

auf die eine Ausstellung im Kunstmuseum Düsseldorf 1995 wieder aufmerksam<br />

gemacht hat. 40<br />

Der ›feministisch‹ ausgerichtete Ansatz der Düsseldorfer Ausstellung stellte<br />

vielleicht den historischen Anlass zu sehr in den Vordergrund, der dem Motiv der<br />

›starken Frauen‹ in der Kunst der Frühen Neuzeit politische Relevanz gab. Zufällig<br />

aufeinander folgende weibliche Regentschaften von Caterina de’ Medici (1560),<br />

Maria de' Medici (1610) und Anne d’Autriche (1643) führten in Frankreich zu elabo-<br />

rierten Legitimationsstrategien, auch in der bildenden Kunst. 41 <strong>Die</strong> Regentinnen<br />

versuchten, sich nicht nur juristisch, sondern auch historisch zu legitimieren: Bezü-<br />

ge auf antike Mythologie und Historiographie, aber auch auf Frauengestalten des<br />

Alten Testaments dienten diesem Ziel. 42 So ließ sich Caterina de’ Medici <strong>als</strong> zweite<br />

Artemisia darstellen; Rubens führte für Maria de' Medici den bekannten Gemälde-<br />

zyklus für den Palais du Luxembourg [Abb. 4] aus, in dem Minerva und die Allegorie<br />

der Prudentia die Machtübernahme durch eine Frau veranschaulichten. Auch Anne<br />

d’Autriche, die Mutter Ludwigs XIV., ließ sich nach dem Tod ihres Mannes (1643)<br />

von Vouet in der nunmehr bereits bewährten Ikonographie einer zweiten Artemisia<br />

[Abb. 5] darstellen. <strong>Die</strong> Fortführung der Politik des verstorbenen Herrschers und<br />

39<br />

Vgl. ausführlich unten S. 41ff. und S. 204ff.<br />

40<br />

Baumgärtel, B. / Neysters, S. (Hrsg.): AK <strong>Die</strong> Galerie der Starken Frauen, Düsseldorf 1995<br />

41<br />

Dazu Gaehtgens, Barbara: »Macht-Wechsel oder die Übergabe der Regentschaft«, in: AK <strong>Die</strong> Galerie der<br />

Starken Frauen, a.a.O., S. 64-78.<br />

42<br />

Garrard, Mary D.: Artemisia Gentileschi, the image of the female hero in Italian Baroque art, Princeton 1989<br />

hat das zweite Kapitel ihrer Monographie (›Historical feminism and female iconography‹), S. 141-179, ganz<br />

diesem Themenkomplex und seiner historischen Entwicklung gewidmet.<br />

23

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