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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

L e h r g e d i c h t Trouwring met den proef-steen (1657) behandelt. 87 <strong>Die</strong> Beliebtheit<br />

des Themas belegt auch die Aufnahme einer rhetorisch ausgefeilten ›Adresse‹<br />

Sophonisbes an Masinissa, die Madeleine de Scudéry in ihre Sammlung Les<br />

Femmes Illustres ou les Harangues Héroïques (1642) aufgenommen hat. 88<br />

Hofmilieu, spannende Handlung und ergreifendes Ende machten den Sophonisbe-<br />

Stoff auch zu einem geeigneten Vorwurf für Opernbearbeitungen. Doch bereitete<br />

der in der Oper übliche lieto fine Komponisten und Librettisten erhebliche Schwie-<br />

rigkeiten, musste doch auf überraschende Lösungen wie Milde und Einsicht des<br />

Scipio oder eine Begnadigung durch den römischen Senat zurückgegriffen werden,<br />

um den Selbstmord der afrikanischen Königin in ein glückliches, den Usancen der<br />

Renaissance- und Barockoper entsprechendes Ende abzuändern.<br />

<strong>Die</strong> zahlreichen Sophonisbe-Opern 89 sind noch kaum untersucht, so dass die folgende<br />

Aufzählung nicht vollständig sein kann: Luigi Riccoboni (1681), Antonio Caldara<br />

(1708 Venedig), Niccolò Jommelli (1746), <strong>Georg</strong> Gebel (1753), Tommaso<br />

Traetta (1762), Antonio Boroni (1764), Maria Teresa Agnesi Pinottini (1765) 90 ,<br />

Christoph Willibald Gluck (1765) 91 , Ferdinando Paer (1806), Luigi Petrali (1844).<br />

Dazu kommen Opern, die Syphax zum Titelhelden gemacht haben: Nicola Porpora<br />

(1725), Gioacchino Cocci (1749), Ignazio Fiorillo (1752), Domenico Fischietti<br />

(1761), Pietro Allessandro Guglielmi (1802), Francesco Antonio Feo (1723).<br />

Schließlich sind konzertant aufzuführende Kammerkantaten (cantate da camera)<br />

wie »Sophonisbe or Hannibal’s Overthrow« (1690) von Henry Purcell oder Christian<br />

87 Jacob C a t s hat in den dritten Teil seines Lehrgedichts Trouwring met den proef-steen (im Folgenden zitiert<br />

nach der Erstausgabe bei Jan Jacobsz. Schipper, Amsterdam 1657, S. 172f.) Sophonisbe <strong>als</strong> Exempel ehelicher<br />

Treue aufgenommen (»Kort Verhael van het droevigh Trouw-geval tusschen twee vorstelicke persoonen;<br />

te weten den Koning Masanissa, en de Koninginne Sophonisba«). <strong>Die</strong> in Paarreimen nach Livius erzählte<br />

Episode ist mit einem Kupfer illustriert, auf dem Sophonisbe vor dem hereinreitenden Massinissa in die Knie<br />

fällt. <strong>Die</strong> Episode veranschaulicht eheliche Liebe: »Hoe dat de liefde speelt ontrent het wreede stael, / Ontrent<br />

den harden krijgh, en midden inde swaerden, / En midden in den woel van duysent felle paerden; / Op dat een<br />

yder mensch magh leeren dese wet, dat staegh op sijn gemoet is nut te zijn gelet.« Der Selbstmord Sophonisbes<br />

wird mit großer Hochachtung geschildert: »Hy nam een gulden kop, hy gaet de kruyden mengen, / hy laet<br />

het droef geschenk aen Sophonisbe brengen:/ Hy voeght’ er woorden by, Doet <strong>als</strong> een Koningin, / Hier is uw<br />

leste troost, hier uw verlosser in. / So haest de jonge vrouw de bootschap heeft ontfangen, / Daer rees een<br />

bleyke verw ontrent haer rode wangen; / Maer des al niet-te-min sy nam den beker aen, / En toont dat sy het<br />

woort ten vollen heeft verstaen, / Is dit de bruylofts-gift de my te deser stonden / Van mijnen Bruydegom uyt<br />

liefde wert gesonden? / Is dit het schoonjuweel? Edoch ick been bereyt; / De Vorst die heeft gedaen gelijck’ er<br />

was geseyt. / Mach ick niet na den eysch en <strong>als</strong> Prinçesse leven, / Soo will ick aen het graf my willigh overgeven;<br />

/ Een dinck dat is my leet, dat ick <strong>als</strong> met de doot / Ontfing een tweede man tot mijnen bed-genoot. /<br />

Het woort is nau volënt, sy heeft den wij n gedronken, / En wat’er boven dreef, en wat’er is gesoncken; / Daer<br />

bleef geen druppel in: sy leyt haer op het bed, / En wacht de bleecke doot en haer gestrenge wet. / Sy maekt<br />

geen los gebaer met eenich selsaem huylen, / Sy geeft haer uyt het volk, en gaet in ’tduyster schuylen: / En <strong>als</strong><br />

het vinnich spook haer gaf de leste steeck, / So was het gansch verbaest dat sy niet eens en weeck.« Als<br />

weiteres Beispiel ehelicher Liebe und Treue folgen im Lehrgedicht Kleopatra und Antonius (S. 174-181).<br />

88 Leicht zugänglich über: http://www.gelahn.asso.fr/docs81.html (zuletzt aufgerufen: 12.05.2008).<br />

89 Erste Informationen bei http://www.operone.de (zuletzt aufgerufen: 14.01.2007).<br />

90 Nach einem Libretto von Giuseppe Maria Tomasi. Agnesi (1720-1795) scheint aber schon 1747 oder 1748 in<br />

Wien für Maria Theresia eine Sofonisba nach einem Libretto von Antonio Maria Zanetti aufgeführt zu haben.<br />

91 Es handelt sich um eine dem Fürsten <strong>Georg</strong> Christian Lobkowitz gewidmete Oper, die 1744 in Mailand (Regio<br />

Ducal Teatro) aufgeführt wurde. <strong>Die</strong> Rezitative stammen von Fr. Silvani, die Arien von Metastasio. Erhalten<br />

sind nur elf Arien und ein Duett.<br />

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