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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

sammenstellung von Francesco Guarinos (1611-1654) Kleopatra [Abb. 31] und<br />

Massimo Stanziones (1585-1656) Lukretia [Abb. 32] zu interpretieren, die heute<br />

noch der ursprünglichen Konzeption entsprechend im Genueser Palazzo Durazzo<br />

Palaviccini so zu sehen sind.<br />

Noch in der Romantik konnte die moralisierende und entpolitisierte Deutung<br />

der <strong>Tugendheldin</strong>nen aufgegriffen werden, wie die von Franz Caucig <strong>als</strong> Pendants<br />

konzipierten Bilder Porzias Tod [Abb. 33] und Orpheus am Grab der Eurydike 190<br />

Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33<br />

zeigen. Porzias Selbstmord wird nicht <strong>als</strong> letzte republikanische Auflehnung gegen<br />

Cäsar, sondern <strong>als</strong> romantisches Selbstopfer einer Liebenden und <strong>als</strong> herausra-<br />

gender Beweis der Gattenliebe gedeutet. Entsprechend ist Orpheus in dieser Zu-<br />

sammenstellung <strong>als</strong> vorbildlicher Ehemann zu bewerten.<br />

<strong>Die</strong> meisten Pendants sind nicht <strong>als</strong> große Historiengemälde konzipiert, sondern<br />

rücken sterbende <strong>Tugendheldin</strong>nen <strong>als</strong> Halbfiguren- oder Dreiviertelfiguren in den<br />

Mittelpunkt. Auch wenn die etwas größeren Bildmaße wohl für höfisch-<br />

aristokratische Auftraggeber sprechen, werden die Sujets nicht <strong>als</strong> große Historien<br />

mit Hofstaat und prächtigem Ambiente, sondern <strong>als</strong> gefühlsbetonte und intime In-<br />

szenierung ausgeführt. <strong>Die</strong> Pendants lenken den Betrachter auf die Affekte der<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen und können <strong>als</strong> indirekter moralischer Diskurs gedeutet werden.<br />

Nicht die politische Rolle der <strong>Tugendheldin</strong>nen, sondern ihre geradezu emblema-<br />

tisch auf einen Affekt verkürzte Darstellung erinnert an vergleichbare Wirkungsstra-<br />

tegien des Barocktheaters, das ebenso über Affektmodellierungen moralische Wir-<br />

kungen zu erzielen sucht.<br />

190 <strong>Die</strong> Museumsdirektion in Graz konnte leider keine Abbildung beschaffen.<br />

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