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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

unter einem Baldachin auf einem Thron sitzt, während der Bote steht. <strong>Die</strong> Ehrer-<br />

bietung ausdrückende stehende Haltung des Boten, der mit gezogenem Hut seine<br />

Reverenz erweist, demonstriert elegantia. <strong>Die</strong> sich in einem großen Hofstaat mani-<br />

festierende Machtfülle der Regentin bildet den starken Gegensatz zur inneren Not-<br />

situation der politischen Verliererin.<br />

Während Boccaccio die historiographische Tradition des Livius weiterführte, ak-<br />

zentuierte Petrarca sowohl im italienischen Triumphus Amoris <strong>als</strong> auch in der latei-<br />

nischen Africa die Sophonisbe-Episode <strong>als</strong> Liebesromanze und machte Sophonis-<br />

be und Massinissa zu einem seiner exemplarischen Liebespaare. <strong>Die</strong>se Traditions-<br />

linie griffen im 16. Jahrhundert allerdings nur wenige Künstler auf: Zu nennen sind<br />

einige Cassoni 123 , auf denen im Triumphzug des Amor zusammen mit mythologi-<br />

schen Liebespaaren wie Pyramus und Thisbe auch historische Paare wie Pompe-<br />

jus und Cornelia, aber auch Sophonisbe und ihr zweiter Mann dargestellt sind. In<br />

diese Tradition scheint mir auch die Arbeit des Bildhauers und Medailleurs Hans<br />

Kels des Älteren (um 1480-um 1559) zu gehören: sein in Holz gearbeitetes Spiel-<br />

brett »Für den langen Puff« (heute in Wien) 124 zeigt auf einem Spielstein Sopho-<br />

nisbe, die den eben vom Boten erhaltenen Giftbecher trinkt. Hans Kels d. Ä. hat<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

zwar den um 1535 entstandenen Kupferstich von Pencz 125 [Abb. 9] <strong>als</strong> Vorlage ge-<br />

nommen, den Boten des Kupferstichs aber in Massinissa umgedeutet und so So-<br />

phonisbe zusammen mit dem afrikanischen König unter die imponierenden Lie-<br />

123 Vgl. Pigler, a.a.O., S. 20, und Schubring, Paul: Cassoni, Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance,<br />

Leipzig 1923, Katalog Nr. 485 und Tafel 115. Näheres zu den Cassoni unten S. 123, Anm. 35.<br />

124 Es wurde im Jahre 1537 signiert. Vgl. Leithe-Jasper, Manfred / Distelberger, Rudolf: Kunsthistorisches<br />

Museum Wien, Schatzkammer und Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe, München 1982, S. 79 (Abbildung)<br />

und Planiscig, L. / Kris, E.: Katalog der Sammlungen für Plastik und Kunstgewerbe (Führer durch die<br />

Kunsthistorischen Sammlungen in Wien), Wien (Kunsthistorisches Museum) 1935, S. 38, Nr.10.<br />

125 Vgl. Fußnote 119.<br />

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