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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

<strong>Tugendheldin</strong>nen illustrierten – ein spätes und unverhohlenes Echo auf den<br />

schlechten Ruf, den sie bei den Historiographen <strong>als</strong> mit allen Mitteln Politik ma-<br />

chende femme fatale genoss.<br />

Als sich am Ende des 18. Jahrhunderts das Genre beinahe schleichend in<br />

die Historienmalerei integrierte, versuchten Maler, der ägyptischen Königin typisch<br />

›weibliche‹ Seiten abzugewinnen. Besonders Anton Raphael Mengs (1728-<br />

1779) 112 und Angelika Kauffmann (1741-1807) 113 betonten geschlechtsspezifische<br />

Tugenden wie Demut und Selbstaufopferung und hoben <strong>als</strong> herausragende Lei-<br />

stungen Kleopatras Kniefall vor Octavian und ihre Trauer um Antonius hervor.<br />

Kauffmann [Abb. 44] stellt durch caravaggeske Beleuchtung die den Sarkophag des<br />

Geliebten mit Blumen schmückende Kleopatra <strong>als</strong> intime Szene dar. Ganz im Sin-<br />

ne Sulzers 114 wird die Historienmalerin zur Malerin »des menschlichen Ge-<br />

müthes, seiner Empfindungen und<br />

seiner Leidenschaften«. Kleopatra<br />

dekoriert den Sarkophag mit einer<br />

Blumengirlande und drückt in ihrer<br />

gefassten Trauer völlig in sich ge-<br />

kehrt die vom Zeitgeschmack ge-<br />

forderte »stille Größe« aus. Be-<br />

Abb. 44 Abb. 45<br />

zeichnenderweise greift Lady Hamilton 115 in einer ihrer berühmten Attitüden diese<br />

betont demütige Kleopatra auf: sie inszenierte stets den unterwürfigen Kniefall vor<br />

Octavian [Abb. 45]. Am Ende des 18. Jahrhunderts wird politisches Handeln einer<br />

Königin, einer neuen Ästhetik entsprechend, in geschlechtsadäquates Verhalten<br />

wie Trauer, Selbstaufopferung und Verzicht umgedeutet. 116<br />

112<br />

Vgl. Katalog 242.<br />

113<br />

Vgl. Katalog 189 (Kleopatra schmückt den Sarg des Antonius) und 190 (hier wird Kleopatra im Kniefall vor<br />

dem späteren <strong>August</strong>us gezeigt).<br />

114<br />

Johann <strong>Georg</strong> Sulzer: Allgemeine Theorie der schönen Künste, in einzeln, nach alphabetischer Ordnung<br />

der Kunstwörter auf einander folgenden Artickeln abgehandelt, 4 Bde, Frankfurt/Main und Leipzig, 3 1798, hier<br />

Bd. 2, S. 671.<br />

115<br />

Vgl. Katalog 303; ausführlich dazu Ittershagen, Ulrike: Lady Hamiltons Attitüden, Mainz 1999, S. 101-104;<br />

außerdem Baumgärtel, Bettina (hier <strong>als</strong> Autorin) im Katalogteil des AK Angelika Kauffmann, Düsseldorf 1998,<br />

S. 262.<br />

116<br />

Reynolds (Katalog 337) porträtierte Kitty Fisher <strong>als</strong> Kleopatra, die eben die Perle in die mit Essig gefüllte<br />

Trinkschale fallen lässt. Dabei zitiert er im Ausschnitt die Geste aus Trevisanis Bankett der Kleopatra (heute in<br />

der römischen Galleria Spada). Kitty Fisher hatte sich in London einen Ruf <strong>als</strong> Lebedame und Kourtisane erworben<br />

und konnte mit solch gewagtem Rollenporträt ihr Ansehen nicht weiter verschlechtern. <strong>Die</strong> Marmorbüste<br />

von Richard Cockle Lucas, die die berühmte Salonnière Lady Stepney <strong>als</strong> Kleopatra mit einer Schlange am<br />

Arm zeigt (Abb. bei Walker / Higgs, a.a.O., S. 350), spielt wohl auf eine Rolle in einem Theater- oder Lesestück<br />

an.<br />

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