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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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III Bildthemen exemplarischen Sterbens<br />

Seit Beginn der Frühen Neuzeit spielt im weiten Bereich mythologischer<br />

Darstellungen der Verwandlungstod eine der religiösen Ikonographie durchaus<br />

vergleichbare Rolle. Da das uneigentliche Sterben, die Verwandlung einer Person<br />

nicht das wirkliche Ende bedeutet, zeigten die Maler bei derartigen Sterbeszenen<br />

meist beide Gestalten. Dabei fällt auf, dass die sich verwandelnde Person meist in<br />

ihrer ursprünglichen Gestalt wiedergegeben und die gerade einsetzende Umfor-<br />

mung sich nur an einem Körperteil wie zum Beispiel den schon zu Ästen werden-<br />

den Gliedern Daphnes andeutet: <strong>Die</strong> Metamorphose kann nur <strong>als</strong> noch andauern-<br />

der Formwechsel in eine Voll-Endung in Szene gesetzt werden, die von ewiger<br />

Dauer sein wird.<br />

Während christlich motiviertes Sterben auf ein transzendentes und mit<br />

ästhetischen Mitteln nicht darstellbares Telos ausgerichtet bleibt, ist der Verwand-<br />

lungstod der Metamorphose ein Prozess, der einen Wesenszug der verwandelten<br />

Person zur Prägnanz bringt. Der Übergang von einer Gestalt in die andere hebt<br />

den wesentlichen Zug ästhetisch hervor; die Verwandlung bringt das Substrat zu<br />

dauerhafter Erscheinung. So markiert der ›Verwandlungstod‹ in der Metamorphose<br />

nicht das Ende, sondern die Dauer, die Unvergänglichkeit eines herausragenden<br />

Wesenzuges. »<strong>Die</strong> Metamorphosen vergegenwärtigen das fortdauernde Ende<br />

ästhetisch« 6 und verweisen damit auf ihre immanente mythische Denkstruktur,<br />

während christlich motiviertes Sterben über sich selbst hinausweist. Insofern zeigt<br />

sich in der Darstellung christlichen Sterbens das dahinter stehende lineare und-<br />

zielgerichtete Denken, das dem mythischen und mithin kreisförmigen Denken der<br />

Metamorphose diametral zuwiderläuft.<br />

3 Das nachtridentinische Märtyrerbild<br />

Mit der tridentinischen Reform entwickelte sich eine ausdifferenzierte Ikonographie<br />

des Märtyrerbilds, deren Bildsprache sich deutlich von profanen Sterbedarstellun-<br />

gen der Historienmalerei abhebt, obwohl die wechselseitige Beeinflussung der iko-<br />

Zweck, diese Bedeutung in einem damit verwandten einzelnen Zustande oder Vorfall zu veranschaulichen,<br />

erfordert; das Vergleichen aber der allgemeinen Bedeutung und des einzelnen Falls <strong>als</strong> subjektive Tätigkeit ist<br />

noch nicht ausdrücklich herausgestellt und die ganze Darstellung will nicht ein bloßer Zierat an einem auch<br />

ohne diesen Schmuck selbständigen Werke sein, sondern tritt noch mit der Prätension auf, für sich schon ein<br />

Ganzes abzugeben. <strong>Die</strong> Arten, die hieher gehören, sind die Fabel, die Parabel, der Apolog, das Sprichwort<br />

und die Verwandlungen.« (Hegel, <strong>Georg</strong> Wilhelm Friedrich: Ästhetik, hrsg. von F. Bassenge, Frankfurt / Main<br />

1955, S. 379). Jacob Burckhardt hingegen bindet in seiner Griechischen Kulturgeschichte (München 2 1987<br />

[ 1 Basel 1956-1957], Bd. 2, S. 7-19) das Phänomen Metamorphose religionsgeschichtlich und philosophisch an<br />

noch ältere religiöse Vorstellungen, denen Vorstellungen der Seelenwanderung zugrunde liegen, wie sie unter<br />

anderen Pythagoras formuliert hat.<br />

6 Herzog, Reinhart: »Vom Aufhören«, in: Stierle, Karlheinz / Warning, Rainer (Hrsg.): Das Ende, Figuren einer<br />

Denkform, München 1996 (Poetik und Hermeneutik 16), S. 283-329, hier S. 315.<br />

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