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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IX Von der vertu zum Affekt<br />

Aufbruch an. Trotz seiner Skrupel gibt er den Bitten Didones nicht nach. – Im<br />

z w e i t e n A k t wirbt Araspe vergeblich um Didones Schwester Selene, die ihrerseits<br />

Enea liebt. Didone verurteilt Iarba zum Tode, lässt sich aber von Enea umstimmen.<br />

Der unglückliche Bewerber erfährt von seinem Konkurrenten, dass er ihm<br />

sein Leben verdankt. An seiner Stelle fordert Araspe Enea zum Duell; Selene verhindert<br />

den Kampf, gesteht dabei aber Enea unabsichtlich ihre Liebe. Um die Eifersucht<br />

des Enea zu provozieren, kündigt Didone nun an, Iarba doch heiraten zu wollen.<br />

Als Enea bestürzt davoneilt, nimmt sie ihr Heiratsversprechen allerdings sofort<br />

zurück und kränkt damit erneut Iarba. – Im dr i t t e n A k t wird der sich gerade einschiffende<br />

Enea von Iarba und seinen Leuten überfallen. Enea entscheidet den<br />

Kampf für sich und schenkt Iarba zum zweiten Mal das Leben. Um sich an Didone<br />

zu rächen, will Iarba nun Osmida umbringen, was Enea vereitelt. Auch Enea und<br />

Selene treffen noch einmal zusammen; ein offenes Liebesgeständnis beschleunigt<br />

nur den Aufbruch des Helden. Inzwischen hat Iarba Karthago in Brand stecken lassen.<br />

Osmida, Selene und Araspe können die Königin nicht zur Flucht bewegen,<br />

obwohl Iarba ihr erneut die Ehe anbietet. Didone muss erkennen, dass Osmida sie<br />

hintergeht und dass auch ihre Schwester Enea liebt. Während sich die Königin in<br />

die Flammen stürzt, fliehen alle aus dem brennenden Karthago.<br />

Bereits in ihrer ersten Arie (I,5) formuliert die Protagonistin mit »son regina e sono<br />

amante« ihr Dilemma, auch wenn sie noch glaubt, die Rolle der Herrscherin und<br />

die Rolle der Liebenden miteinander vereinbaren zu können. Entsprechend formu-<br />

liert Enea den ihn umtreibenden Konflikt: » Fra il dovere e l'affetto / ancor dubbioso<br />

in petto / ondeggia il core.« (II,7) Dass das fatum Enea nötigen wird, Didone zu<br />

verlassen, steht schon in der ersten Szene fest. In der Anlage des Librettos ist eine<br />

Symmetrie zu erkennen: <strong>Die</strong> prima donna Didone ist zunächst selbstsicher und am<br />

Ende verzweifelt, der primo uomo Enea hingegen tritt zu Beginn der Oper unsicher<br />

und zögerlich, bei der Abfahrt entschlossen und selbstbewusst auf. 40 <strong>Die</strong>se chiasti-<br />

sche Struktur, die Didone anfangs optimistisch und im Hochgefühl ihrer Liebe,<br />

Enea zweifelnd und in Angst vor der bevorstehenden Entscheidung zeigt, reicht bis<br />

in die Wortwahl des Libretto. So kommt die emotionale Zerrissenheit des Enea<br />

beim seinem ersten Auftreten in Halbsätzen, Anakoluthen und Aposiopesen zum<br />

Ausdruck:<br />

Dovrei ... ma no ...<br />

L'amore ... Oh Diò! La fé ...<br />

Ah! Che parlar non so:<br />

Spiegalo tu per me. (I,2)<br />

In vergleichbar verstümmelter Syntax stammelt Didone am Ende der Opernhand-<br />

lung ihre Verzweiflung, bevor sie sich in den Tod stürzt.<br />

40 Gerhard, Anselm: »Rollenhierarchie und dramaturgische Hierarchien in der italienischen Oper«, a.a.O., S.<br />

50ff.<br />

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