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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

die Sabinerinnen, Claudia Quinta und Tuccia umfasste. 77 <strong>Die</strong> Medaillons sind in<br />

einen dekorativen Fries eingefügt, der unter der kassettierten und ebenfalls aus-<br />

gemalten Decke verläuft, und stechen in der pompejanischen Ausmalung mit Gro-<br />

tesken, Festons und Abbildungen antiker Monumente deutlich hervor. <strong>Die</strong> Leistun-<br />

gen römischer ›starker Frauen‹ wurden bewusst unter republikanischen Ge-<br />

sichtspunkten ausgewählt, der Bedeutung der Räumlichkeiten entsprechend, in der<br />

die Insignien der Konservatoren aufbewahrt wurden.<br />

Ein bemerkenswert komplexes Programm entstand im 16. und im beginnen-<br />

den 17. Jahrhundert in der M ü n c h e n e r R e s i d e n z : Bereits 1528 gab Herzog<br />

Wilhelm IV. eine ›gemischte‹ Bilderserie 78 von jeweils acht Männern und Frauen in<br />

Auftrag, die sich heute in München (Alte Pinakothek) und Stockholm (Nationalmu-<br />

seum) befindet und zu der auch eine Lukretia gehörte. <strong>Die</strong>ses Programm wurde<br />

von Andrea Michieli, gen. Il Vicentino (1540/42-1617) zwischen 1611 und 1613 mit<br />

einer ›gemischten‹ Serie für den Kaisersaal fortgesetzt, teilweise auf die bereits<br />

vorhandene Ausstattung Bezug nehmend. Sieben <strong>Tugendheldin</strong>nen, (Lukretia,<br />

Kaiserin Helena, Cloelia, Virginia, Esther, Artemisia, die Königin von Saba und Ju-<br />

dith) sind Scipio, Cäsar, Titus Manlius Torquatus, Horatius Cocles, Marcus Curtius,<br />

Scaevola, Hannibal und Alexander an die Seite gestellt. Dabei werden die Taten<br />

der Protagonisten in der unteren Bildhälfte der monumentalen Repräsentationsbil-<br />

der illustriert. Herzog Maximilian I. gab 1604 für den Festsaal der Residenz bei<br />

Hans van der Biest mehrere Tapisserie-Serien in Auftrag, zu denen auch zwölf<br />

Teppiche mit männlichen und weiblichen Helden aus Antike und Bibel gehörten.<br />

Auf den riesigen Teppichen erläutern Distichen die Taten der Dargestellten, zu de-<br />

nen wiederum eine Lukretia gehörte. 79 Aus den beiden Bilderserien und den Ta-<br />

pisserien lässt sich ein Gesamtprogramm rekonstruieren, das antike und biblische<br />

Figuren, Frauen wie Männer, beziehungsreich miteinander kombinierte. 80<br />

In der zweiten Hälfte des 16. und im beginnenden 17. Jahrhundert war es vor al-<br />

lem die Familie der Medici, die dem politisch-repräsentativen Aspekt des Themas<br />

der <strong>Tugendheldin</strong> zu europäischer Verbreitung verhalf. Als Cosimo I. das Appar-<br />

77 Der nach den Plänen Michelangelos erst 1568 vollendete Konservatorenpalast war Sitz der Stadtregierung.<br />

<strong>Die</strong> Fresken befinden sich noch in situ. Vgl. dazu Richard-Jamet; S. 538 und Abb. 91 bis 93.<br />

78 Vgl. Richard-Jamet, S. 96ff. und Abb. 58. <strong>Die</strong> männlichen Helden sind: Moses, Lykurg, Herkules, Samson,<br />

Horatius Cocles, Judas Maccabäus, Marcus Valerius Corvinus, David. <strong>Die</strong> weiblichen exempla sind: Penthesilea,<br />

Jaël, Veturia, Judith, Esther, Lukretia, Susanna und Thomyris.<br />

79 Vgl. Abb. 59 bis 64 bei Richard-Jamet, der die Distichen allerdings nicht bekannt sind.<br />

80 Richard-Jamet versucht S. 94ff., die ursprünglichen oder doch zeitweiligen Hängungen zu rekonstruieren.<br />

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