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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

aushändigt. Der Melancholie-Gestus Sophonisbes deutet die Einwilligung in ihr<br />

Schicksal an.<br />

Der Antagonismus zwischen Staatsräson und individuellem Glück wird in<br />

den Sophonisbe-Darstellungen der späten Barockmalerei durch den Kontrast zwi-<br />

schen Mann und Frau, zwischen bewaffnetem Boten und schicks<strong>als</strong>ergebener Kö-<br />

nigin ins Bild gesetzt. So erscheint in der Ölskizze 176 von Francesco S o l i m e n a<br />

(1657-1747) der Bildraum [Abb. 28] zweigeteilt: Von links eilt ein Kurier in voller<br />

Rüstung herbei und überreicht der erhöht thronenden Königin ein zierliches Gefäß.<br />

<strong>Die</strong>se beherrscht mit allen Herrschaftsinsignien die rechte Bildhälfte. In sich ge-<br />

Abb. 28 Abb. 29<br />

kehrt und beinahe versteinert blickt sie auf den todbringenden Trank. In ihrem fah-<br />

len, bleichen Inkarnat deutet sich der bevorstehende Tod bereits an.<br />

Der zahlreich versammelte Hofstaat reagiert mit starken Emotionen. Im<br />

Rahmen eines Scipio-Zyklus 177 , den Giambattista T i e p o l o 1731 im heutigen Pa-<br />

lazzo Dugnani 178 in Mailand ausführte, ist Sophonisbe ein großes Fresko 179 ge-<br />

widmet. [Abb. 29] In luxuriöser Palastarchitektur thront die Königin in der linken<br />

Bildhälfte, den Brief Massinissas noch in der Hand haltend und von einer Zofe lie-<br />

bevoll umfangen. Rechts erscheint, durch die da sotto in su-Perspektive hervorge-<br />

hoben, ein mit Harnisch und Helm gerüsteter Bote, der eben einen zierlichen Krug<br />

von einem Tablett genommen hat, das ihm ein kleiner Mohrenpage reicht. Sopho-<br />

nisbe streckt ihre geöffnete Hand, Einverständnis und Einwilligung signalisierend,<br />

dem Gefäß entgegen. Erschrecken, Angst und Trauer sind auch in diesem elegan-<br />

176 Vgl. Katalog 380.<br />

177 Ich gehe darauf unten, S. 225ff. ein.<br />

178 Der Palazzo wurde vom Conte Casati erbaut und trug auch dessen Namen.<br />

179 Katalog 390 (im Zweiten Weltkrieg beschädigt). Eine Abbildung in: Levey, Michael: Giambattista Tiepoli: his<br />

life and art, New Haven / London 1986, S. 63. Abbildung des ganzen Zyklus in Pallucchini, Anna / Piovene,<br />

Guido (Hrsg.): L’opera completa di Giambattista Tiepolo, Mailand 1981, Abb. 62 A bis H.<br />

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