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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

vertreiben ist, im Reiche der Kunst nur in den niedrigen Kreis des Lächerlichen vertreiben.<br />

6<br />

Der Protagonist in Goethes Novelle »Der Sammler und die Seinigen« fasst beim<br />

Betrachten von Kupferstichen die sich von den nachantiken, mittelalterlichen und<br />

barocken Todesdarstellungen distanzierende Sicht zusammen:<br />

Ich finde keine Spur vom wütenden Schrecken des Todes, vielmehr in den Statuen<br />

die höchste Subordination der tragischen Situation, unter die höchsten Ideen von<br />

Würde, Hoheit, Schönheit, gemäßigtem Betragen. Ich sehe hier überall den Kunstzweck<br />

die Glieder zierlich und anmutig erscheinen zu lassen. Der Charakter erscheint<br />

nur noch in den allgemeinsten Linien, welche durch die Werke, gleichsam<br />

wie ein geistiger Knochenbau, durchzogen sind. 7<br />

Antike, Mittelalter und frühe Neuzeit haben sehr verschiedene Todesdarstellungen<br />

entwickelt und heterogene Interpretationen des Todes visualisiert. Erst die einseitig<br />

klassizistische Rezeption der Antike hat diese Traditionsstränge ausgeblendet.<br />

2 Thanatos und Hypnos: Sterben in der antiken Kunst<br />

<strong>Die</strong> Darstellung des Todes auf antiken Objekten unterschiedlichster Provenienz<br />

betont Harmonie und Wohlgestalt des Sterbenden, wie sich an einigen Beispielen<br />

zeigen lässt: Auf einer griechischen Vase des 6. vorchristlichen Jahrhunderts 8 , die<br />

sich heute im Metropolitan Museum in New York [Abb. 1] befindet, wird der ver-<br />

wundete und sterbende Sarpedon von den Brüdern Thanatos und Hypnos, gleich-<br />

wertige Personifikationen des Todes und des Schlafs, niedergelegt; von drei klei-<br />

nen, allerdings blutenden Wunden abgesehen erscheint der muskulöse Körper des<br />

Helden unversehrt; das Sterben gleicht eher dem Einschlafen. <strong>Die</strong> sterbenden<br />

Krieger des Aphaiatempels auf<br />

Aigina 9 [Abb. 2], die um 500 v.<br />

Chr. auf den Giebelseiten in<br />

Marmor skulptiert wurden, be-<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

kräftigen den Eindruck, dass die griechische Kunst Sterbende und Tote in körperli-<br />

cher Unversehrtheit abbildete.<br />

6 Goethe, Johann Wolfgang: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens, Münchner Ausgabe, hrsg. von<br />

Richter, Karl, Bd. 16, S. 341-342 (im weiteren Verlauf <strong>als</strong> MA zitiert).<br />

7 MA, Bd. 6.2, S. 102.<br />

8 <strong>Die</strong> in diesem Kapitel angeführten Beispiele habe ich nicht in den Bildkatalog aufgenommen, da es sich um<br />

sehr bekannte Objekte handelt, die meist im Netz abrufbar sind. <strong>Die</strong> hier angeführte Vase befindet sich heute<br />

in New York (Metropolitan Museum) und wurde ca. 550-500 v. Chr. hergestellt.<br />

9 Heute in München (Glyptothek).<br />

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