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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Vorwort<br />

nachtridentinische A n d a c h t s b i l d e r tugendhaftes Sterben in den Mittelpunkt<br />

stellten und in der Ausgestaltung oft zu den gleichen ikonographischen Mitteln grif-<br />

fen. Daraus ergab sich eine Ausgangshypothese, die sich nur teilweise bestätigen<br />

ließ und die den Selbstmörder <strong>als</strong> Tugendhelden in bewusster Konkurrenz zum<br />

nachtridentinischen Märtyrerbild sah. Gleichwohl rekurrierten die nachtridentini-<br />

schen ikonographischen Muster auf die gleichen anthropologischen Versatzstücke<br />

des Neustoizismus, die auch von der profanen Historienmalerei übernommen und<br />

variiert werden konnten.<br />

<strong>Die</strong> nähere Untersuchung des Bildmateri<strong>als</strong> verdeutlichte den engen Zu-<br />

sammenhang des Bildtyps der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong> mit der frühneu-<br />

zeitlichen B ü h n e . In allen Fällen ging die dramatische Gestaltung der Entwicklung<br />

des Bildmotivs voraus. <strong>Die</strong>s erklärt auch, warum die hier untersuchte Gruppe einen<br />

solch epochalen Erfolg in der Historienmalerei hatte: an ihr ließ sich in bilddramati-<br />

scher Zuspitzung der Konflikt zwischen Politik und Liebe darstellen, der auf der<br />

neuzeitlichen Theater- und Opernbühne in unterschiedlichen Besetzungen die<br />

konkurrierende Herausbildung politischer und individueller Normen gestaltete. <strong>Die</strong><br />

weitere Entwicklung des Bildmotivs folgte der Entwicklung auf der Bühne. Vor al-<br />

lem die Oper griff das Thema auf und verschob allmählich das Interesse des iko-<br />

nographischen Motivs vom moralischen Hintergrundssinn auf den dargestellten<br />

A f f e k t , eine Umbesetzung, die sich auch in der Entwicklung der Historienmalerei<br />

nachvollziehen lässt. In der A t t i t ü d e des ausgehenden 18. Jahrhunderts fallen<br />

ebenso wie in den ›lebenden Bildern‹ des 19. Jahrhunderts bildkünstlerische und<br />

dramatische Entwicklungen geradezu zusammen. Dass zu solchen Inszenierungen<br />

bereits ein Erklärungsapparat nötig war, verdeutlicht, warum das ikonographische<br />

Muster mit der Inszenierung schöner weiblicher Toter im Fin de siècle zu Ende<br />

ging. Es ist auf eine zumindest minimale historische Referenz angewiesen.<br />

Aus der Entstehungsgeschichte der Dissertation ergibt es sich, dass mehrere G e-<br />

d a n k e n g ä n g e parallel verfolgt werden und bewusst nicht eine einzige stringen-<br />

te Konstruktion durchgehalten wird. <strong>Die</strong> mögliche Entscheidung, die Untersuchung<br />

auf eine einzige Heroine, etwa Kleopatra oder Dido, zu konzentrieren, habe ich<br />

verworfen, weil sich dann das umfassendere Thema der <strong>Selbstmörderin</strong> <strong>als</strong> Tu-<br />

gendheldin nicht hätte darstellen lassen. <strong>Die</strong>s hatte zur Folge, dass eine – ohnehin<br />

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