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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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VII Posttridentinische Märtyrer und stoische Tugendhelden<br />

4 Tiepolo: Bene mori est libenter mori<br />

Auch in Giovanni Battista Tiepolos Werk lassen sich eine Märtyrerin und eine Tu-<br />

gendheldin in bezeichnender Weise in Beziehung setzen; noch im 18. Jahrhundert<br />

ist der neustoische Hintergrund der kirchlichen wie der profanen Bildkonzeptionen<br />

nicht ganz verblasst. <strong>Die</strong> moralistische Deutung des selbstgewählten heroischen<br />

Todes überschreitet die Grenzen der Bildgattungen.<br />

Bereits das Format des heute in<br />

Berlin befindlichen Martyriums der Hl.<br />

Agathe 82 von Giovanni Battista Tiepo-<br />

lo lässt seine ursprüngliche Bestim-<br />

mung <strong>als</strong> Altarbild [Abb. 8] erkennen.<br />

Durch eine gegensinnige Radierung<br />

[Abb. 9] seines Sohnes Giandomenico<br />

ist bekannt, dass das Bild oben um<br />

ein Viertel beschnitten wurde und urs-<br />

prünglich halbrund abschloss. 83 Das<br />

irdische Geschehen wurde in der ori-<br />

ginalen Fassung durch die Vision des<br />

flammenden Herzens Christi über-<br />

höht, das von der Dornenkrone und<br />

zwei Engelsköpfen umgeben war.<br />

Tiepolo führte das Martyrium der Hl.<br />

Agathe um 1750 für den Hochaltar<br />

Abb. 8<br />

des Benediktinerinnenklosters Santa Agata in Lendinara (bei Rovigo) aus. 84 <strong>Die</strong><br />

Heilige, die ihr Martyrium während der Christenverfolgungen unter Kaiser Decius in<br />

Catania erlitt, kniet in Tiepolos Komposition auf den Stufen eines durch eine kan-<br />

nelierte Säule angedeuteten Gebäudes. Von hinten rechts die Heilige umfassend,<br />

verdeckt eine junge <strong>Die</strong>nerin mit einem Tuch die verstümmelte Brust; ein in strah-<br />

lendes Gelb gehüllter Knabe trägt die abgeschnittenen Brüste auf einem silbernen<br />

82<br />

Vgl. Katalog 391 und S. 425 (Nr.459 B) im Katalog der ausgestellten Gemälde des 13.-18. Jahrhunderts,<br />

Gemäldegalerie Berlin 1975 (184 x 131).<br />

83<br />

Wiedergabe der in Acquaforte ausgeführten Radierung in: Christiansen, Keith (Hrsg.): AK Giambattista Tiepolo<br />

1696-1996, Milano 1996, S. 234.<br />

84<br />

Nach der Aufhebung des Klosters kam das Altarbild 1810 in den Handel und gelangte schließlich 1878 in die<br />

Berliner Gemäldegalerie. Vgl. Christiansen, Keith (Hrsg.): AK Giambattista Tiepolo, a.a.O., S. 238.<br />

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