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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Francesco Pittoni<br />

(aktiv 1687-1712).<br />

Franz Caucig<br />

(1755-1828)<br />

VIII Tema con variazioni – Bildprogramme<br />

Tod des Seneca<br />

Tod der Kleopatra 184<br />

Porzia, glühende Kohlen verschluckend<br />

185<br />

Orpheus am Grab der Eurydike<br />

keine Maßangaben unbekannt<br />

113 x 84 (dreiviertelfigurig)<br />

Graz: Joanneum 186<br />

Es überrascht nicht, dass unter den nachweisbaren Pendants Lukretia die am häu-<br />

figsten gewählte <strong>Tugendheldin</strong> zu sein scheint, da ihr Selbstmord in der Frühen<br />

Neuzeit ohnehin das beliebteste ikonographische Thema unter den römischen Tu-<br />

gendheldinnen war. 187 Bemerkenswerter ist, dass Lukretia in den <strong>als</strong> Pendants<br />

konzipierten (oder doch gehängten) Darstellungen immer <strong>als</strong> Einzelfigur gegeben<br />

wird. Damit tritt die Keuschheit der jungen Frau thematisch in den Vordergrund; ihr<br />

Selbstmord wird ausschließlich <strong>als</strong> moralische Rehabilitation gedeutet. Deshalb<br />

stellen die Pendants mit Lukretia nie ›politische‹ Szenen, etwa mit den Rache<br />

schwörenden Verwandten, dar; ebenso wenig wird die Lukretia-Episode <strong>als</strong> Beginn<br />

eines politischen Umsturzes interpretiert. <strong>Die</strong> Künstler konzentrieren sich auf den<br />

moralistischen Aspekt und verzichten auf eine mögliche politische Deutung der<br />

Heldin.<br />

Männliche und weiblicher Tugendhelden treten bei Dürer und Candid (Lukre-<br />

tia und Cato) sowie bei Pittoni (Kleopatra und Seneca) auf; nicht zufällig stellen<br />

Ludovico Mazzanti und Pietro Ricchi männliche und weibliche Keuschheit gegenü-<br />

ber, wenn sie Lukretia mit Joseph und der Frau des Potiphar kombinieren. Auch<br />

Artemisia Gentileschi hat in ihren heute in Potsdam gezeigten Pendants 188 die nai-<br />

ve Bathseba [Abb. 27] mit der vergewaltigten Lukretia [Abb. 28] kombiniert und je-<br />

weils sehr höfisch in Szene gesetzt. Daraus lässt sich wohl auch die beliebte Zu-<br />

sammenstellung von Lukretia und Kleopatra ableiten; erneut dürfte die moralische<br />

Rehabilitation der <strong>Tugendheldin</strong>nen durch den selbst gewählten Tod verglichen<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Kombinationen einer Lukretia mit einer Sophonisbe bei Reni, einer Luk-<br />

retia mit einer Judith bei Veronese [Abb. 29 und 30] oder einer Dido mit einer Judith<br />

bei Preti gehen mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Kataloge der femmes fortes<br />

184 In Slowenien scheint sich im Rahmen einer Serie von wohl 23 Bildern des Francesco Pittoni (ca. 1654 bis<br />

nach 1724) auch ein Pendant mit dem Tod des Seneca (1714 signiert) und dem Tod der Kleopatra erhalten zu<br />

haben. Vgl Šerbelj, Ferdinand (Hrsg.): AK La Pittura barocca nel Goriziano, Ljubljana 2002, S. 24f. und 196.<br />

Abbildungen waren leider nicht zu ermitteln.<br />

185 Siehe unten, S. 266.<br />

186 Katalog 131. Mehrfache Anfragen wurden leider nicht beantwortet.<br />

187 Siehe oben, S. 123.<br />

188 Falls die Zuschreibungen berechtigt sein sollten.<br />

264

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