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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IX Von der vertu zum Affekt<br />

die Kombination von ›Privatem‹ und ›Politischem‹ bei Dido, Kleopatra und Sopho-<br />

nisbe den Antagonismus hervor, der ein ganzes Drama oder eine Oper hindurch<br />

trug. Entsprechende Beachtung fanden diese <strong>Tugendheldin</strong>nen gleichzeitig auch in<br />

der Historienmalerei, in der allerdings, anders <strong>als</strong> auf der Bühne, auch Lukretia<br />

häufig dargestellt wurde. <strong>Die</strong> Darstellung der sich selbst behauptenden Tugend<br />

war wohl, verbunden mit den Reizen einer entblößten jungen Frau, im Bild attrakti-<br />

ver <strong>als</strong> auf der Bühne.<br />

3 Didone abbandonata<br />

Offensichtlich bot unter den in dieser Untersuchung thematischen ›Selbstmörde-<br />

rinnen <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong>nen‹ Dido eine Verknüpfung von Liebe und Politik, die Lib-<br />

rettisten und Komponisten ebenso wie bildende Künstler und ihre Auftraggeber<br />

lange interessierte. Deshalb ist es auch unter kunsthistorischen Fragestellungen<br />

von Interesse, die Entwicklung Didos <strong>als</strong> Opernfigur an zwei Beispielen darzustel-<br />

len. Ich wähle dafür die erste überlieferte Oper dieses Themas von F r a n c e s c o<br />

C a v a l l i (1602-1676) und die spätere Fassungen von D o m e n i c o N a t a l e<br />

S a r r o (1679-1744) und L e o n a r d o V i n c i (um 1690-1730), die ein Libretto Me-<br />

tastasios vertonten. Zwischen den Aufführungsdaten 1641 und 1724/1726 ver-<br />

schob sich das Interesse des Publikums vom historischen Stoff, den Busenello für<br />

Cavalli umständlich aufbereitete, zur Affektdarstellung, in der Metastasio brillierte;<br />

nicht zufällig gilt sein Libretto <strong>als</strong> das erfolgreichste in der Operngeschichte über-<br />

haupt. 24 Auch in der Oper verschob sich das Interesse vom moralischen Diskurs<br />

zur Affektmodellierung.<br />

La Didone 25 von Francesco Cavalli wurde zum ersten Mal im Karneval 1641<br />

im Teatro di S. Cassiano aufgeführt. Für die erste Opernbearbeitung des Stoffes<br />

lieferte Giovanni Francesco Busenello 26 die Textvorlage.<br />

Ein P r o l o g Fortunas (oder der Götterbotin Iride 27 ) führt den Fall Trojas auf das<br />

Eingreifen der gekränkten Giunone zurück. Der e r s t e A k t spielt in Troja. Als Pirro<br />

versucht, Cassandra aus dem Tempel zu schleppen; tötet er im Zweikampf Corebo<br />

und wird selbst verletzt. Auf Befehl der Venere flieht Enea mit Vater und Sohn<br />

aus der brennenden Stadt, seine Gattin Creusa wird tödlich verletzt. Ecuba und<br />

24 Zu Metastasio vgl. Kimbell, David: Italian Opera, Cambridge 1991, S. 192-205.<br />

25 Das Libretto verfasste Giovanni Francesco Busenello; vgl. Osthoff, Wolfgang: »Francesco Cavalli«, in: Pipers<br />

Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 1, München / Zürich 1986, S. 514f.<br />

26 Zu Giovanni Francesco Busenello (1598-1659), einem der Wegbereiter der venezianischen Oper, vgl. Janke,<br />

Pia: Dramaturgie der Leidenschaften, Libretti aus vier Jahrhunderten, Wien 2000, S. 13-22. Der venezianische<br />

Humanist verfasste <strong>als</strong> Mitglied verschiedener Akademien neben drei Libretti für Francesco Cavalli und<br />

einem für Monteverdi (L’ incoronazione di Poppea) Oden, Sonette, Romanzen, aber auch lateinische laudationes<br />

und Gedichte im venezianischen Dialekt.<br />

27 <strong>Die</strong> Textüberlieferung ist nicht eindeutig.<br />

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