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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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IV Liebe, Patriotismus und Selbstbestimmung: Sophonisbe <strong>als</strong> <strong>Tugendheldin</strong><br />

Brief liegt auf einem Tisch. Obwohl sie in ihrer Rechten ein Tränentuch hält,<br />

Abb. 25 Abb. 26<br />

blickt sie selbst gelassen, während drei Zofen Trauer und Schmerz gestisch be-<br />

eindruckend freien Lauf lassen. Der beim Überreichen des Nuppenkelches vor<br />

Sophonisbe kniende Bote hält noch die<br />

höfischen Regeln ein, doch verdeutlichen<br />

die hinter ihm in einem Durchblick ins<br />

Freie sichtbaren Soldaten die drohende<br />

Gefahr der römischen Gefangenschaft.<br />

Auch Mattia P r e t i (1613-1699) hat<br />

Abb. 27<br />

diese Szene mit vergleichbaren Akzenten mehrfach bearbeitet. <strong>Die</strong> Version in<br />

Lyon 173 [Abb. 26] unterstreicht – wie das Bild Eeckhouts – die gegensätzlichen<br />

Reaktionen der Protagonistin und ihres Hofstaates, Ruhe und klaglose Ergebung<br />

der Königin, Bestürzung bei den Frauen des Hofstaates. Der ›Cavaliere Calabrese‹<br />

veränderte in den verschiedenen Varianten nur den Habitus des die Botschaft<br />

überbringenden Boten: <strong>Die</strong> Variante in Lyon lässt einen älteren, mit Harnisch ge-<br />

rüstet Boten den Becher mit einer entschuldigenden Handbewegung der erhöht<br />

sitzenden Königin hinaufreichen, während in der Melbourner Fassung 174 [Abb. 27]<br />

ein Kurier mit Hellebarde 175 den Giftbecher mit einer autoritären Handbewegung<br />

173 Vgl. Katalog 283.<br />

174 Vgl. Katalog 286.<br />

175 Walther Lang betont im Zusammenhang der Darstellungen des Martyriums der Agathe, die aufgepflanzte<br />

Lanze eines Soldaten sei ein »demonstratives Symbol seiner Männlichkeit« (Grausame Bilder, Sadismus in<br />

der neapolitanischen Malerei, Berlin 2001, S. 194). Áuch wenn die sexuelle Bedeutung solcher Symbole erst<br />

durch Freud erkannt wurde, kann eine unterschwellig-sexuelle Konnotation bei der Darstellung von Lanzen,<br />

Schwertern etc. auch schon im Barock vorausgesetzt werden.<br />

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