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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

Für private Andacht und Meditation bestimmte Kunstwerke<br />

zeichnen sich im Spätmittelalter und am Übergang zur Frühen Neu-<br />

zeit durch großen Realismus aus; körperliche Qualen, seelische Ver-<br />

lassenheit, Sterben und Tod durften in der devotio moderna nachge-<br />

zeichnet und sogar überzeichnet werden, um die Gedanken und Ge-<br />

fühle zur imitatio Christi zu führen. Intention und Adressatengruppen<br />

beeinflussten hier und in den Märtyrerbildern unübersehbar die kün-<br />

sterischen Verfahren.<br />

9 Nachfolge oder Triumph: Märtyrer<br />

Abb. 22<br />

Pace hat an einigen Beispielen gezeigt, dass die Ikonographie der Märtyrer sich<br />

parallel zur Ikonographie des Kreuzestodes entwickelte. 41 Da im Verständnis der<br />

Alten Kirche der Todestag eines Märtyrers sein Geburtstag (dies natalis) zum ewi-<br />

gen Leben war, wurde im frühen Christentum das Martyrium zunächst gar nicht<br />

und später ohne Betonung der Schmerzen<br />

und des Leidens dargestellt. <strong>Die</strong>s gilt für den<br />

im 8. Jahrhundert entstandenen Freskenzyk-<br />

lus der heiligen Quiricus und Julitta [Abb. 23] in<br />

der römischen Kirche St. Maria Antiqua. Wer<br />

»die Bilderfolge betrachtet, ohne auf den Text<br />

der Heiligenlegende zurückzugreifen, könnte<br />

Abb. 23<br />

sogar zweifeln, daß die Märtyrer infolge von Folterungen zu Tode kamen: Ihre Au-<br />

gen bleiben auch dann noch geöffnet, <strong>als</strong> sie in sartagine missi sunt, d. h. in einer<br />

Art Pfanne zum Schmoren gebracht werden.« 42<br />

In einer späteren Phase stehen vor allem Blutzeugen der römischen Kaiser-<br />

zeit im Mittelpunkt der Ikonographie. Obwohl die Verehrung der Begräbnisstätten<br />

oft unmittelbar nach dem Märtyrertod einsetzte, schon bald Martyrien <strong>als</strong> Gedächt-<br />

niskirchen errichtet wurden und Reliquien stets begehrt waren, entwickelte sich<br />

eine Ikonographie der Märtyrer erst lange nach der literarischen Legendenbildung.<br />

Zur folgenreichsten Sammlung von Märtyrer-Viten wurde im Spätmittelalter die Le-<br />

genda aurea 43 des Jacobus de Voragine (um 1270), die in zahlreiche Volksspra-<br />

chen übersetzt im 14. Jahrhundert viele gemalte oder freskierte Märtyrer-Zyklen<br />

41 Pace, a.a.O., S. 357-359.<br />

42 Pace, a.a.O., S. 358.<br />

43 Barone, G.: »Legenda aurea«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1796-1797.<br />

41

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