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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Porzia: Republikanerin, Ehefrau und Stoikerin<br />

klassik dienstbar machen. 20 Auch in der Folge blieb Porzia zumindest über die ver-<br />

breiteten Cäsar-Dramen so bekannt, dass Madame de Charrière sie noch 1785<br />

sprichwörtlich <strong>als</strong> vorbildliche Ehefrau anführen kann. 21 Das Thema der ehelichen<br />

Treue griff auch Johann Gottfried Herder noch einmal auf, <strong>als</strong> er 1774 seinem von<br />

Johann Christoph Friedrich Bach, dem Bückeburger Bach, vertonten Libretto Bru-<br />

tus eine Porzia-Szene einfügte, die eine interessante Referenz auf die Historien-<br />

malerei enthält: Herders zunächst heldenhaft von Brutus Abschied nehmende Por-<br />

zia wird zu Tränen gerührt, <strong>als</strong> sie ein Bild mit Hektors Abschied von Andromache<br />

erblickt. 22<br />

Porzia: Ikonographie<br />

In den Holzschnitten [Abb. 1] der ersten illustrierten Ausgabe von Boccaccios De<br />

claris mulieribus 23 aus dem Jahre 1473 wurde die Geschichte Porzias von einem<br />

unbekannten Künstler auf drei nebeneinander gesetzte Szenen verdichtet: Ganz<br />

links hat sich Porzia eben mit dem Dolch am Fuß verletzt, der Dolch selbst steckt<br />

noch dramatisch in ihrem Fuß. Brutus beugt sich besorgt zu ihr, während sie mit<br />

sprechend erhobener Hand andeutet, die Verletzung mit Absicht herbeigeführt zu<br />

20 »En mettant en scène cet affrontement dont l’issue est capitale pour le destin de Rome, Boyer a voulu en<br />

faire une tragédie politique. Le sujet de la pièce est conforme à la définition de la tragédie politique que donne<br />

Corneille dans le Discours du poème dramatique: la dignité de la tragédie demande «quelque grand intérêt<br />

d’Etat, ou quelque passion plus noble et plus mâle que l’amour, telles que sont l’ambition ou la vengeance».<br />

La pièce de Boyer illustre les deux termes de l’alternative énoncée par Corneille. D’une part, elle met en jeu<br />

«l’intérêt d’Etat» puisque Brutus se bat pour instaurer la République et pour mettre fin aux proscriptions et aux<br />

souffrances que les Triumvirs font endurer au peuple. Brutus et Porcie font même passer cet ›intérêt d’Etat‹<br />

avant leur propre vie. Cette notion de patriotisme, omniprésente dans la pièce, étoffe la dimension politique de<br />

cette tragédie. D’autre part, La Porcie Romaine est aussi l’illustration du second terme de l’alternative énoncée<br />

plus haut, c’est-à-dire «quelque passion plus noble et plus mâle que l’amour, telles que sont l’ambition et la<br />

vengeance». (Roux, Marie, Introduction, vgl. Fußnote 16)<br />

21 »Mais ne serions-nous pas fâchées d'apprendre que […] Porcie, fille de Caton, ait eu des amants?« (zitiert<br />

nach der elektronischen Ausgabe von Michel Pacaud http://un2sg4.unige.ch/athena/charriere/char_lau.rtf)<br />

(zuletzt aufgerufen: 15.12.2006).<br />

22 <strong>Die</strong> Szene ist durch eine Passage bei Plutarch (Brutus 23) inspiriert, die ihrerseits <strong>als</strong> früher Beleg für durch<br />

Gemälde ausgelöste Affekte gelten kann. Der Text bei: Herder, Johann Gottfried: Sämmtliche Werke, hrsg.<br />

von Suphan, Bernhard, Berlin 1884, Bd. 27, S. 52-68 (die Fassung von 1772 ohne die Porzia-Szene S. 11-27).<br />

Porzia sagt bei Herder (S. 64): »Ach, alles, alles war er mir, / mir Vater, Bruder, Freund! / Und bald, ach, wird<br />

die Stunde seyn / und Brutus ist nicht mehr! / was ist dann mir geblieben / in aller Welt! / O mit Dir! mit Dir<br />

sterben!« Herder schreibt am 12.12.1772 an seine Verlobte: »P.S. In meinen Brutus, den ich etwas umgearbeitet,<br />

ist noch die Porcia, sein edles Weib, gekommen: denn Ein Zug von ihr hat mich im Plutarch bis zum<br />

Erstaunen gerührt. Da sie beide von einander Abschied nehmen, bezwingt sie sich, und geht Thränenlos weg:<br />

es fällt ihr aber das Gemälde in die Augen ›der Abschied Hektors von der Andromache aus Homer‹, der sehr<br />

rührend ist, und die sich nie wieder sehen. Da bricht sie in Thränen und in die Worte Homers aus – ich werde<br />

Ihnen nächst die Stelle abschreiben […]. Auch habe ich gehört, Klopstock habe eigentlich statt Sokrates den<br />

Brutus in seinen Messias bringen wollen, aber sich vorm Selbstmorde gefürchtet: Porcia ist daher geblieben,<br />

und ist dieselbe Porcia des Brutus.« (Herders Briefwechsel mit Caroline Flachsland, hrsg. von Schauer, Hans,<br />

Weimar 1928, Bd. 2, S. 300f.)<br />

23 Katalog 412.<br />

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