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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

Dekorationsserien dar, in denen Kleopatras Selbstmord keinen Platz hatte. 102 In<br />

diesen Zyklen stehen der Prunk eines ägyptischen Hofes und das Zusammentref-<br />

fen von römischer und orientalischer Kultur im Vordergrund. So erweiterte Giam-<br />

battista Tiepolo im venezianischen Palazzo Labia 103 den Salon durch eine raffinier-<br />

te, teilweise illusionierte Türen- und Fensterarchitektur 104 in einer Weise,<br />

dass Gäste den Eindruck hatten, <strong>als</strong> Teil des<br />

Gefolges am ›Zusammentreffen von Antonius<br />

und Kleopatra‹ [Abb. 34] und am ›Bankett‹ [Abb.<br />

35] teilzunehmen. Wenn das Sterben Kleopat-<br />

ras <strong>als</strong> mehrfiguriges Historiengemälde entwor-<br />

Abb. 34 Abb. 35<br />

fen wurde, bildete der Gegensatz zwischen der stoisch gelassenen Königin und<br />

Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38<br />

ihrem verzweifelt reagierenden Hofstaat das Zentrum. Sogar so unterschiedliche<br />

Bildlösungen wie die von Guido Cagnacci [Abb. 37] und Alessandro Turchii 105<br />

(1578-1649) [Abb. 36] lassen sich auf diese Grundspannung reduzieren. 106 Einer-<br />

zination für das besagte Frauenbild in Sadismus umschlägt, in Form der Tötung durch den angeblich selbst<br />

gewählten Schlangenbiß in die Brust.«<br />

102 So zum Beispiel der P a l a z z o I m p e r i a l i in Genua mit einer Freskenfolge von Cambiaso und Castello,<br />

die bei Pigler (II, S. 379) erwähnt wird; Tiepolo hat den P a l a z z o L a b i a in Venedig mit dem bereits erwähnten<br />

Kleopatra-Zyklus ausgemalt (vgl. Katalog 395). Bildteppiche, die meist auch <strong>als</strong> Zyklen gearbeitet<br />

wurden, müssten unter diesem Aspekt gesondert untersucht werden. Allerdings ist die Literatur über Bildteppiche<br />

einigermaßen unübersichtlich und unsystematisch. In einem jüngeren Werk wie Heinz, Dora: Europäische<br />

Tapisseriekunst des 17. und 18. Jahrhunderts, <strong>Die</strong> Geschichte ihrer Produktionsstätten und ihrer künstlerischen<br />

Zielsetzungen, Wien / Köln / Weimar 1995 werden immerhin viele Zyklen mit Cäsar bzw. Antonius und<br />

Kleopatra erwähnt (vgl. S. 18, 32, 36, 38, 59, 80, 104, 112, 116, 161, 206, 252, 304, 307).<br />

103 Vgl. Katalog 395; Giambattista Tiepolos zentrale Fresken im Palazzo Labia (Treffen von Antonius und<br />

Kleopatra und Bankett) sind beide 650 x 300 groß.<br />

104 <strong>Die</strong> illusionistische Architekturmalerei entwarf Tiepolo, der sie zusammen mit dem Quadraturmaler Gerolamo<br />

Mengozzi ausführte (dazu Romanelli, Giandomenico: Venedig, Kunst und Architektur, Bd. 2, Köln 1997,<br />

v.a. S. 628).<br />

105 Katalog 404. Vgl. Scaglietti Kelescian, Daniela (Hrsg.): AK Alessandro Turchi detto l'Orbetto, 1578 Ŕ 1649,<br />

Milano 1999; der Katalog (http://www.comune.verona.it/Castelvecchio/cvsito/docs/catalogo.pdf [letzter Aufruf:<br />

28.10.2007]) ist auch im Netz verfügbar.<br />

106 Vgl. Katalog 53 (Cagnacci) und 404 (Turchi). Turchis Gemälde hing in der Galerie des Hôtel des Louis<br />

Phélypeaux de la Vrillière (1599-1681), die mit weiteren neun exempla aus der Antike ausgestattet war, u. a.<br />

mit Abschied des Cato von seinem Sohn (Guercino), <strong>August</strong>us schließt die Pforten des Janustempels (Maratta)<br />

und Hersilia trennt Römer und Sabiner (Guercino). Pietro da Cortona (1596-1669) hat für diese Galerie ein<br />

Gemälde mit einem weiteren Thema aus Kleopatras Leben geliefert: César remet Cléopâtre sur le trône<br />

d’Égypte. (vgl. Richard-Jamet: »Cléopâtre: Femme forte ou femme fatale? Une Place équivoque dans les<br />

galeries de femmes fortes aux XVIe et XVIIe siècles«, in: AK Cléopâtre dans le miroir de l’art occidental,<br />

a.a.O., S. 37-52, besonders S. 44).<br />

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