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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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II Sterbebildtypen und Todesdarstellung<br />

3 Der personifizierte Tod in Spätantike und Mittelalter<br />

In der Spätantike bricht die ikonographische Tradition ab, Sterbende wiederzuge-<br />

ben und den Tod <strong>als</strong> sanftmütigen Jüngling zu personifizieren. Skelettdarstellun-<br />

gen auf Trinkgefäßen 14 und Mosaiken 15 [Abb.8] erinnern im täglichen Gebrauch an<br />

den Tod. <strong>Die</strong>se Betonung der Endlichkeit des Menschen konnte ebenso hedoni-<br />

stisch-epikureisch wie stoisch-christlich gedeutet werden.<br />

Im Hochmittelalter herrscht die Ikonographie<br />

des Todes <strong>als</strong> eines den Menschen bedrohenden<br />

Feindes vor. Er wird <strong>als</strong> Töter, <strong>als</strong> Reiter, Schnitter,<br />

Jäger, Totengräber, Spielmann oder Chronos dar-<br />

gestellt. Solche anthropomorphen Gestaltungen<br />

werden erstaunlich spät entwickelt, obwohl schon<br />

Abb. 8<br />

Paulus den von Christus besiegten Tod personifizierte. 16 Valentino Pace hat ge-<br />

zeigt, dass es die christliche Ikonographie der Spätantike und des frühen Mittelal-<br />

ters aus guten theologischen Gründen vermied, dem Tod Gestalt zu geben. 17 Erst<br />

um das Jahr 1000 finden sich in der Buchmalerei Personifikationen des Todes. <strong>Die</strong><br />

wohl berühmteste aus dem Uta-Codex [Abb. 9] zeigt den besiegten Tod. Er trägt in<br />

der einen Hand eine Sichel, in der anderen einen zerbrochenen Speer, dessen<br />

Spitze ihm die Schläfe durchbohrt 18 . Unter dem Kreuz Christi steht der Tod der<br />

Personifikation des Lebens gegenüber.<br />

Ein aus dem 13. Jahrhundert stammendes Fresko 19 im Dom der Abruzzen-<br />

stadt Atri zeigt die bekannte Legende 20 der Begegnung der drei Lebenden mit den<br />

14 Vgl. Rosenfeld, Hellmut: Der mittelalterliche Totentanz, Entstehung Ŕ Entwicklung Ŕ Bedeutung, Münster /<br />

Köln 1954, S. 2. Außerdem Neumann, Wolfgang (Hrsg.): AK Tanz der Toten Ŕ Todestanz: der monumentale<br />

Totentanz im deutschsprachigen Raum, Dettelbach 1998, S. 16.<br />

15 So beispielsweise das heute im Thermenmuseum in Rom befindliche Mosaik, das aus dem zweiten oder<br />

dritten nachchristlichen Jahrhundert stammt und ein auf die Schrift γνώτι σαστὸν weisendes Skelett zeigt.<br />

16 »Wenn aber dieses Verwesliche angezogen hat Unverweslichkeit und dieses Sterbliche angezogen hat<br />

Unsterblichkeit, dann wird eintreffen das Wort, das geschrieben steht: ›Der Tod ist verschlungen in Sieg. Tod,<br />

wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?‹ Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde<br />

aber ist das Gesetz.« (1 Cor. 15,54-56)<br />

17 Pace, Valentino: »›Dalla morte assente alla morte presente‹: Zur bildlichen Vergegenwärtigung des Todes<br />

im Mittelalter«, in: Borst, A. / von Graevenitz, G. / Patschovsky, A. / Stierle, K. (Hrsg.): Tod im Mittelalter, Konstanz<br />

1993, S. 335-376.<br />

18 Pace, a.a.O., Abb. 14; heute München, Staatsbibliothek, Clm 13601, 3 v . Im gleichen Aufsatz von Pace auch<br />

eine Abbildung der allegorischen Darstellung der Mors <strong>als</strong> Todesfurie aus dem Psalter Cotton Tiberius C. VI<br />

aus der Mitte des 11. Jahrhunderts.<br />

19 Abb. bei Pace, a.a.O., Abb.15 a und 15 b.<br />

20 Heyse, E. / Briesemeister, D.: »Drei Lebende und drei Tote«, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, Sp. 1390-<br />

1392. Hier in Kürze die Rezeptionsgeschichte der wohl aus dem Orientalischen stammenden Erzählung, die<br />

spätestens seit Alkuin belegt ist und sich in allen volkssprachlichen Literaturen und in der Ikonographie wiederfindet.<br />

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