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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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V Römische <strong>Tugendheldin</strong>nen in der Ikonographie der Frühen Neuzeit<br />

staltete Liebesbeziehung zwischen Cleopatra und Giulio Cesare, der eben Pom-<br />

peo geschlagen hat. <strong>Die</strong> politische Handlung tritt aber durchaus in den Hinter-<br />

grund, obwohl Cleopatra die Unterstützung Cesares gegen ihren Bruder Tolomeo<br />

sucht, der sich die Krone Ägyptens angeeignet hat. Als Cesare in einer See-<br />

schlacht mit dem ägyptischen Heer umgekommen zu sein scheint, will sich Cleo-<br />

patra durch Selbstmord der Unterwerfung unter ihren Bruder entziehen, wird aber<br />

nach der Rettung des römischen Geliebten und nach der Ermordung des Tolomeo<br />

(<strong>als</strong> Rache für die Hinrichtung des Pompeo) zur Königin Ägyptens gekrönt. Im<br />

Kontrast zur sittenstrengen Cornelia, der Witwe des Pompeo, wird in Händels Oper<br />

Cleopatra <strong>als</strong> erfolgreiche und bestrickende femme fatale gestaltet.<br />

In der Spätphase der Rezeption tritt die Darstellung der lasziven und dekadenten<br />

Herrscherin in den Vordergrund, für die wohl Makart die abschließende Fassung<br />

gefunden hat. 32 In diesen Zusammenhang gehört der epochale Erfolg von Théo-<br />

phile Gautiers Novelle Une nuit de Cléopâtre (1845), die von zwei Opernlibretti<br />

aufgegriffen wurde. 33 Offensichtlich entsprach die Liebesnacht, die die Königin ei-<br />

nem Sklaven um den Preis seines Lebens schenkt, dem trivialisierten Bild der Pto-<br />

lemäerin, das in den zahlreichen Verfilmungen des 20. Jahrhunderts, teilweise bis<br />

ins Kitschige kommerzialisiert, weitergeführt wurde. 34<br />

Stand in der Frühen Neuzeit eindeutig Kleopatras Konflikt zwischen Liebe<br />

und Politik oder die Liebestragödie im Vordergrund, setzte sich im 17. Jahrhundert<br />

allmählich ein doppeldeutiges und gespaltenes Bild durch, wobei Kleopatra entwe-<br />

der zur <strong>Tugendheldin</strong> oder zur femme fatale vereindeutigt wurde. So taucht sie um<br />

1642 in Nicolas Prévosts (1604–1670) Serie der ›starken Frauen‹ neben Dido und<br />

Sophonisbe auf; andererseits reiht sie zur gleichen Zeit Stefano della Bella (1610-<br />

1664) neben der Königin von Saba und Poppaea unter die »Reines galantes«<br />

32 Vgl. oben, S. 13.<br />

33 Wilhelm Freudenberg verwendete 1882 ein Libretto von Ernst Pasqué, Victor Massé 1885 in seiner Oper<br />

Une Nuit de Cléopâtre ein Libretto von Jules Barbier (1885). Das Gautiers Novelle aufnehmende Ballett<br />

Cléopâtre, das der russische Impresario und Choreograph Sergei Diaghilew (1872-1929) den Komponisten<br />

Michail Michailowitsch Fokin (1880-1942) zusammenstellen ließ und 1909 in Paris aufführte, gilt <strong>als</strong> das erste<br />

der exotisch-erotischen Ballette, mit denen Diaghilews Truppe Ballets Russes Westeuropa in Ekstase versetzte<br />

(zu weiteren Einstudierungen und Wiederaufführungen dieses Balletts vgl. Harris, Dale: »Cléopâtre, Ballett<br />

en un acte« unter: »Michail Michailiowitsch Fokin«, in : Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, hrsg. von Carl<br />

Dahlhaus, München / Zürich 1987, Bd. 2, S. 231f.)<br />

34 Vgl. Hamer, Mary: »The myth of Cleopatra since the Renaissance«, in: Walker, Susan / Higgs, Peter (Hrsg.):<br />

AK Cleopatra of Egypt, London 2001, S. 302-311, besonders S. 309-310.<br />

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