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Die Selbstmörderin als Tugendheldin - eDiss - Georg-August ...

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Kleopatra: <strong>Tugendheldin</strong> oder femme fatale<br />

ein. 35 <strong>Die</strong>ses ikonographische Echo spiegelt die Bandbreite, die Kleopatra <strong>als</strong><br />

Bühnenfigur in der Frühen Neuzeit gewonnen hatte: sie kann <strong>als</strong> Politikerin er-<br />

scheinen, die für die Verwirklichung ihrer Ziele bis zum eigenen Tod kämpft, aber<br />

auch <strong>als</strong> ›Circe‹, die viele römische Staatsmänner in den Tod reißt. Zweifellos ist<br />

sie unter den römischen <strong>Tugendheldin</strong>nen die Figur mit der größten Palette.<br />

Kleopatra: Ikonographie<br />

Mit ihren sukzessiven römischen Liebhabern bot die Figur der Kleopatra im Ver-<br />

gleich mit den anderen hier behandelten <strong>Tugendheldin</strong>nen den Künstlern die brei-<br />

teste und ambivalenteste Themenpalette. Allerdings wurden in der Graphik und der<br />

Historienmalerei schon früh einige Episoden bevorzugt: die Verführung Cäsars, die<br />

Begegnung mit Antonius in Tarsos, das Bankett mit der Perlenwette, der Bittgang<br />

zu Octavian und vor allem der Selbstmord der Königin.<br />

Dabei wurden höfisches Bankett und Selbstmordszene schon früh moralis-<br />

tisch miteinander verbunden. Neben vereinzelten frühen Miniaturen 36 wie der Mi-<br />

niatur von 1480 [Abb.1] zeigen bereits die ersten <strong>als</strong> Holzschnitte oder Kupferstiche<br />

verbreiteten Bildentwürfe eine eindeutige Konzentration auf Perlenwette und<br />

Selbstmord.<br />

Beide Szenen sind in der Zainerschen Ausgabe von Boccaccios De claris<br />

mulieribus, die seit 1473 maßgeblich die Ikonographie prägte, in einem Holzschnitt<br />

zusammengefasst. 37 [Abb. 2] Das linke Bildfeld des Holzschnitts zeigt, wie Kleopat-<br />

ra eine Trinkschale mit der aufgelösten Perle an die Lippen setzt und die Wette<br />

gewinnt, während der mit<br />

am Tisch sitzende Antonius<br />

erstaunt und kritisch zusieht.<br />

Das rechte Bildfeld zeigt mit<br />

dem bereits erstochen am<br />

Boden liegenden Antonius<br />

Abb. 1 Abb. 2<br />

und den beiden an Kleopatras Armen emporkriechenden Vipern die Bestrafung<br />

solch anmaßenden Übermuts. <strong>Die</strong> Verbindung beider Szenen im Holzschnitt the-<br />

matisiert Aufstieg und Fall der Herrscherin, setzt ihre moralisierende Deutung vor-<br />

35 Vgl. Richard-Jamet, Céline: »Cléopâtre: femme forte ou femme fatale, une place équivoque dans les galeries<br />

de femmes fortes aux XVIe et XVIIe siècles«, in: Ritschard, Claude / Morehead, Allison (Hrsg.): AK Cléopâtre<br />

dans le miroir del’art occidental, a.a.O., S. 37-52.<br />

36 Vgl. Katalog 407 (um 1405) und (hier) 408 (um 1480).<br />

37 Vgl. Katalog 409.<br />

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