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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Unter allen Studienfächern besaß das der Theologie, dicht gefolgt von der<br />

Jurisprudenz, das höchste Ansehen. Dazu ein Textfragment, es wurde mit weiteren<br />

Fragmenten, aus „Höfische Kultur“ von Joach<strong>im</strong> Bumke, sinngemäß ergänzt:<br />

„Um 1200<br />

Früher war es Brauch, nur wenige ausgewählte Geistliche von hoher Begabung, nicht<br />

allein zu Hause, sondern am Rhein oder gar in Frankreich bei den berühmten Lehrern<br />

von Re<strong>im</strong>s, Laon, Chartres, Paris oder Orléans studieren zu lassen.<br />

Seit einigen Jahren strömen in großer Zahl auch jene Landsleute dorthin, die nach<br />

Ämtern streben; ein Studium zu Hause erscheint jetzt als gering: es gilt als wenig<br />

höfisch, nur eine Sprache zu sprechen, die geschmeidige Beweglichkeit der<br />

französischen Sprache sowie die Erhabenheit scharfsinniger Gedankengänge<br />

bereiteten ein höheres Entzücken.<br />

Die Klugheit der neuen Lehrer sei zu preisen, der Eifer der Studenten zu loben, da sie<br />

zu deren Füßen sitzen, zuhören, fleißig aufschreiben und abschreiben, damit auch die<br />

Freunde in der He<strong>im</strong>at teilhaben an französischem Scharfsinn und Gewandtheit der<br />

Rede.<br />

Wenngleich jetzt auch in Frankreich, die ehrwürdigen Lehrer und ihre Studenten unter<br />

dem Schutz <strong>des</strong> Königs stehen, dazu ein eigenes Gericht haben, und wie es beliebt,<br />

auf allen Wegen kommen und gehen, jede Stadt betreten und verlassen dürfen, es<br />

bleibt eine mühevolle Aufgabe, sich Wissen anzueignen.<br />

Die Straßen, wie auch der Umgang mit aller Welt Menschen sind beschwerlich und<br />

niemals ungefährlich. Überall locken die Schenken mit Würfel und Brettspiel. Überall<br />

sind erpresserische Hauswirte, Räuber und schl<strong>im</strong>me Studenten: Jene von England<br />

sind Trinker, die Franzosen aber hochmütig, wollüstig und von unmännlicher Gestalt,<br />

die Italiener aufsässig, die Flamen putzsüchtig und verschwenderisch, die Dänen<br />

ahmen stets die Gepflogenheiten der Deutschen nach, von uns Deutschen aber wird<br />

gesagt, dass wir wütend sind und wüst bei den Gelagen.<br />

Nicht selten sind jetzt <strong>im</strong> ersten Stock die Schule und die Lehrer, darunter aber ein<br />

Bordell, in welchem die Dirnen ihr schändliches Gewerbe betreiben. Dazu sind alle<br />

Kosten hoch, der Studenten viele und der Quartiere zu wenige.<br />

Des Weiteren höre ich, dass man in Paris die Freien Künste sucht, in Bologna die<br />

Schriften <strong>des</strong> Rechts, in Salerno die Arzneikunde, in Orléans die Alten Autoren und in<br />

Toledo die Schwarze Kunst. Jedoch höre ich nicht, dass die Studenten zuletzt auch<br />

gedrängt werden, die guten Sitten zu suchen, denn nach den guten Sitten wird<br />

überhaupt nicht gefragt.<br />

Hingegen wird gesagt, dass die Lehrer nicht nur auf ihre Weisheit und ihre Kenntnisse<br />

in den Wissenschaften ungemein stolz sind und sich an der Bewunderung durch die<br />

Studenten äußerst erfreuen, sondern die Studenten mit hoffärtigsten Versprechungen<br />

anlocken; so verkünden sie, dass zur Jurisprudenz kommen solle, wer ein Amt erjagen<br />

will, dazu Freude an weltlichen Ruhm und Besitztümern hat.<br />

Also wird den Studenten auf ihren neuen Wegen auch der Hoffahrt Narrenspiel auf<br />

neue Art gelehrt.“<br />

Kanoniker waren bald nicht nur in der unmittelbaren Rechtspflege gesucht, sondern<br />

auch als Verwalter, Unterhändler und als Berater höchster Amtsinhaber. Dass die<br />

meisten von ihnen geistlichen Stan<strong>des</strong> waren, hatte durchaus Bedeutung für ihre<br />

Karriere innerhalb der Kirche, doch falls der Erbe <strong>des</strong> väterlichen Besitzes ausfiel,<br />

konnten sie in den weltlichen Stand zurücktreten und die Linie <strong>des</strong> Adelshauses<br />

weiterführen.<br />

Umfasste das Arbeitsgebiet der neuen Juristen anfänglich nur Streitigkeiten um<br />

kirchliche Güter und Rechte, so kamen rasch Streitigkeiten zwischen Klerikern und<br />

Laien hinzu, dann Rechtshilfeersuchen der Armen, Streitigkeiten zwischen Eheleuten<br />

und schließlich konnten auch alle denkbaren Fälle sündhafter Geschäfte wie Wucher<br />

oder Eidbruch vor ein geistliches Gericht getragen werden. Die geistlichen Gerichte<br />

hatten einen derartigen Zulauf, dass in den Städten wiederholt Verbote einer<br />

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