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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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über Briefe, als auch durch Besuche. Wenn sie auch edle Gedanken zu Papier<br />

brachten, bei einem Bier, be<strong>im</strong> Roten, wird man sich nicht nur gelegentlich über <strong>Faust</strong><br />

ausgetauscht, man muss sich über ihn erregt haben. War es diesem <strong>Faust</strong> tatsächlich<br />

gelungen, den Teufel sich zu verpflichten? Es gab Wege zum Teufel, kein Zweifel! Die<br />

Frage war allein das „Wie“. Wie viel weiter wäre man in den Wissenschaften, wenn<br />

<strong>Faust</strong> nur kooperierte. Oder war es <strong>Faust</strong> gar gelungen, sich Zugang zum uralten<br />

gehe<strong>im</strong>en Wissen der Juden, der Babylonier zu verschaffen? Gutmöglich waren genau<br />

das die Fragen, die auch einst die Universität von Erfurt in Aufruhr und Erregung<br />

versetzt haben mochten. <strong>Faust</strong>, Ikarus auf schiefer Bahn zwischen Hölle und H<strong>im</strong>mel,<br />

war ein Begriff und Faszinosum, und jedermann geläufig.<br />

*<br />

<strong>Faust</strong> auf Reisen<br />

Mobilität <strong>im</strong> Wechsel mit zeitweiliger Sesshaftigkeit ist eines der herausragenden Kennzeichen<br />

<strong>des</strong> späten Mittelalters. Die Menschen sind auf Arbeitssuche: Als Mägde,<br />

Knechte, Arbeiter, Ärztinnen, Ärzte, „schöne Frauen“, Steinmetze, Handwerksgesellen<br />

oder als Lohnarbeiter der Kriege. Hausierer tragen ihre Waren in abgelegene<br />

Streusiedlungen, reisende Kaufleute begleiten ihre Waren. Dazu gesellen sich Pilgerströme<br />

und ein Heer von Bettlern.<br />

Kinderarbeit, eheähnliche Verbindungen auf Zeit, das Ausüben mehrerer Berufe, das<br />

alles ist so gewöhnlich wie das gegenseitige Bestehlen, Ausnutzen und die Räuberei<br />

am Straßenrand. Leben, das ist Wanderschaft; das bedeutet nicht Freiheit, sondern<br />

Gefahr. Also reiste man nicht allein, man zieht, wann <strong>im</strong>mer möglich, in Gruppen.<br />

Das Vokabular der Quellentexte zeigt auch <strong>Faust</strong> als einen mobilen Menschen.<br />

„- Landstreicher, - in der Nähe der Stadt Gelnhausen, - floh er alsbald aus der<br />

Herberge, - kam er nach Würzburg, - kam er nach Kreuznach, - und entfloh, - <strong>des</strong>sen<br />

Ankunft, - kam ein Chiromant nach Erfurt, - <strong>im</strong> Wirtshaus schwatzen, - Bamberg,<br />

Ingolstadt, - dz er zu der stat ausziech, - anderswo verzer - Rebdorf - kein Geleit, - vast<br />

durch alle landtschafft, Fürstenthuomb vnnd Königreich gezogen, - <strong>im</strong>m abzugk, - vil<br />

mit den ferßen gesegnet.“<br />

Laut dem Indizientext <strong>des</strong> Manlius kam <strong>Faust</strong> in einer Herberge ums Leben, er hat sich<br />

also bis zuletzt, zumin<strong>des</strong>t nach unserem heutigen Verständnis, nie behe<strong>im</strong>atet.<br />

Die Quellentexte liefern keinen Hinweis, dass <strong>Faust</strong> mit einem eigenen Gespann<br />

unterwegs gewesen wäre, seine offenbar <strong>des</strong> öfteren recht kurz entschlossenen<br />

Abreisen deuten auf wenig Gepäck.<br />

Gemäß den Quellentexten war er allein auf Reisen, auch in den Indizien ist von keinem<br />

Begleiter die Rede. Laut Pfarrer Gast, ein Zeuge aus der zweiten Reihe, „hatte <strong>Faust</strong><br />

einen Hund und ein Pferd bei sich…“<br />

Trägt man auf der Landkarte die verbürgten wie auch die indizierten Stationen seiner<br />

Reisen ein, so konzentrieren sich die Orte auf die seinerzeit bevölkerungsstarken<br />

Regionen, das sind die Mitte und der Südwesten Deutschlands. Und <strong>Faust</strong> war auf<br />

Publikum angewiesen. Je nach Situation konnte er seine Dienste als Arzt, Hellseher<br />

oder Astrologe anbieten.<br />

Man darf annehmen, dass die Postlinien, die <strong>im</strong> wesentlichen nach seiner Zeit<br />

eingerichtet wurden, auf die zu seiner Zeit bereits bestehenden Haupthandelsstraßen<br />

gelegt wurden, also jene Strecken, die durch volkreiche Gegenden führten. Legt man<br />

folglich das Netz der Postlinien um 1600 auf die Landkarte seiner verbürgten Stationen,<br />

so stellt man fest: seine verbürgten Aufenhaltsorte liegen auf den Haupthandelsstraßen<br />

seiner Zeit; wie aufgereihte Perlen liegen hier die Städte und Marktflecken.<br />

Hier strömte an den Markttagen das Volk zusammen, man verkaufte und kaufte, sah<br />

und wurde gesehen, man tauschte sich aus, wollte staunen und was erleben: die<br />

Kundschaft <strong>des</strong> „Doktor <strong>Faust</strong>us“.<br />

Es spricht nichts dagegen, dass <strong>Faust</strong> diese Verkehrsadern als erstes bereiste, allein<br />

um sich zu orientieren, um erste Witterung aufzunehmen. Er wird diese Strecken auch<br />

später noch oft gefahren sein, entlang dieser Strecken wurde Geleitschutz geübt. Dazu<br />

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