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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Den „Ärztinnen und Ärzten“ waren hingegen die halluzinogenen Begleiterscheinungen<br />

der Schmerzmittel bekannt; beginnend mit der ersten großen Welle von Hexenverbrennungen<br />

um 1555 werden diese Präparate nicht mehr in den Aufzeichnungen<br />

genannt und auch nicht mehr angewandt; dem Vorwurf <strong>des</strong> „Teufelswerks“ sich auszusetzen,<br />

dazu waren die Ärzte nicht bereit. Fortan operierten sie ohne Narkose.<br />

Neben den gefährlichen Unterleibsoperationen waren Operationen <strong>im</strong> Bauch- und<br />

Brustraum allerdings nicht möglich. Der Notwendigkeit sterilen Arbeitens war man sich<br />

in keiner Weise bewusst, die Umsetzung wäre angesichts der herrschenden unhygienischen<br />

Verhältnisse auch gar nicht möglich gewesen.<br />

Fast könnte man auch die damals gepflegte Pflanzenheilkunde zum Bereich seriöser<br />

ärztlicher Kunst zählen. 1563 beschreibt P.A. Matteoli die Wirkung und Anwendung<br />

<strong>des</strong> Quendels: „Quendel in wein gesotten / vnd getruncken / bringt den frawen jre<br />

gewöhnliche Zeit / vnd öffnet der mutter thür. Treibt den harn / vnd lendenstein. Stillt<br />

das bauchgr<strong>im</strong>men wunderbarlich. Heylet jnnerliche wunden vnd brüche. Eröffnet die<br />

lung / leber / vnd das miltz. Quendel mit essig vnd honig gekocht / vnd getruncken /<br />

hilfft denen / so blut speyen. Der safft thuet dergleichen. Quendel in der kost vnd<br />

tranck genützt / ist ein Theriack für alle gifft der würm vnd Schlangen. Vnd so man ein<br />

rauch daruon macht / wo der hin kompt / bleibt kein gifftig thier. Quendel mit Süssholtz<br />

oder honig / Anis vnd wein gesotten / reinigt die brust von dem zähen husten / vnd<br />

stillet den kalten seych. Der grün Quendel sterckt <strong>des</strong> essens dewen <strong>im</strong> magen. Der<br />

geruch <strong>des</strong> Quendels thuet dem hirn wol. Quendel in Essig gebeitzt oder geweicht /<br />

darnach gesotten / mit Rosenöl vermischt / vnnd vber die stirn gelegt / ben<strong>im</strong>pt die<br />

wüttende hauptsucht / Phrenitis genandt.“<br />

Die so beschriebene Wirkung wurde durch die moderne Forschung weitgehend<br />

bestätigt, an der Anwendung <strong>des</strong> Quendels hat sich in der Naturheilkunde bis heute<br />

wenig geändert. Andere Heilpflanzen jener Zeit finden keine Anwendung mehr, teils<br />

weil sie keine Wirkung besitzen oder erhebliche Nebenwirkungen haben, bzw. schädlich<br />

sind. Auch die Tabakpflanze aus „Indien“ wurde als Heilpflanze betrachtet, Jahrhunderte<br />

hindurch verstand man den Raucherhusten derart, dass Tabak das Lösen<br />

und Abhusten von Schle<strong>im</strong> fördere; Tabak der Reinigung <strong>des</strong> Körpers dienlich sei.<br />

Bei aller modernen Begeisterung für Naturheilmittel, die Aufzeichnungen <strong>des</strong> 16ten<br />

Jahrhunderts bedürfen also stets einer kritischen Kommentierung.<br />

Wie alt die Überlieferungen von wirkenden Pflanzen sind, beweist sich an „Laudanum“,<br />

das 300 Jahre nach seinem „Erfinder“ Paracelsus als „Godfrey`s Cordial“ dem Dichter<br />

Baudelaire zu den „Blumen <strong>des</strong> Bösen“ verhalf, dazu vornehmlich Arbeiterinnen zu<br />

bescheidenen Fluchten aus ihrem Elend. „Man nehme etwas Mohn …“ schrieb<br />

Paracelsus, und nichts anderes findet sich um ca. 1800 v. Chr. auf einem minoischen<br />

Siegelring dargestellt: Eine „Priesterin“ sitzt unter einem Weinstock, Besucherinnen<br />

überreichen ihr Mohnkapseln. Wobei die Doppelaxt <strong>im</strong> Bild darauf deutet, dass in<br />

diesem Fall keine wohlig-schläfrige Wirkung erwünscht war, sondern – bei veränderter<br />

Aufbereitung, eine Bewusstseins erweiternde Wirkung. Die Doppelaxt, das spätere<br />

römische Liktorenbündel, weist auf das Amt einer Richterin.<br />

Der Beginn der Kenntnis von heilenden Pflanzen liegt in grauer Vorzeit, die Instinkte<br />

waren stark ausgeprägt, der Griff zur richtigen Pflanze erfolgte intuitiv.<br />

Zu dieser Erkenntnis durch Intuition gesellte sich später die Vorstellung, dass Felsen,<br />

Wasser, Bäume, Buschwerk und selbst Kräuter von Göttern, Geistern, Kobolden,<br />

Gnomen, Heinzelmännchen und Heinrichen belebt seien.<br />

Im Mittelalter nahm man vor dem Holunderbaum den Hut ab, der Holunder war einst<br />

Aufenthaltsort der Freya, auch Frigga, und dann in jener Zeit, der Frau Holle. Frau<br />

Holle, die Holde, schützte den Bauern, <strong>des</strong>sen Gesinde sowie <strong>des</strong>sen Vieh vor<br />

Krankheiten und vor Schadenzauber.<br />

Unter den in der Natur behausten Wesen gab es Unholde, aber auch solche, die den<br />

Menschen freundlich gesonnen waren. Ein guter Heinrich hatte sich den essbaren und<br />

als heilkräftig betrachteten wilden Spinat als Sitz erkoren, böse Heinriche hausten in<br />

der Natternwurz und dem Bingelkraut, ein eiserner Heinrich wohnte <strong>im</strong> Vogelknöterich,<br />

ein stolzer Heinrich <strong>im</strong> Weiderich, und ein roter Heinrich lebte <strong>im</strong> Sauerampfer.<br />

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